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News und Presse-Infos

  • Bayer Hauptversammlung 2024

    Bayer Hauptversammlung 2024

    Auch in diesem Jahr wird die BAYER-Hauptversammlung skandalöserweise wieder online stattfinden. Fast alle anderen Konzerne halten ihre Hauptversammlungen mittlerweile wieder in Präsenz ab. BAYER tut das nicht- ein ganz klarer…

  • Ticker 03/2023

    AKTION & KRITIK

    CBG bei der Mercosur-Aktionswoche

    Am 25. und 26. Mai kamen die WirtschaftsministerInnen der EU in Brüssel zusammen, um über das Mercosur-Abkommen und andere Handelsvereinbarungen mit lateinamerikanischen Ländern zu beraten. Die PolitikerInnen wollen die Übereinkünfte, die beträchtliche Risiken und Nebenwirkungen haben, so schnell wie möglich unter Dach und Fach bringen. Deshalb organisierte das NETZWERK GERECHTER WELTHANDEL im Vorfeld des Treffens eine Aktionswoche, an der sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) beteiligte. Sie zog am 24. Mai 2023 vor die Leverkusener BAYER-Zentrale, zählt der Multi doch zu den Hauptnutznießern der Vergünstigungen, die sich die Vertragspartner gegenseitig gewähren. Beim Mercosur-Deal beispielsweise profitiert er vom Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika genauso wie von den Zugangserleichterungen zum EU-Markt, die der Kontrakt dem lateinamerikanischen Agro-Business gewährt. Auf der Verlierer-Seite hingegen stehen Mensch, Tier und Umwelt. Mehr Pestizide und entsprechend mehr Vergiftungen, mehr Flächenfraß und entsprechend mehr Vertreibungen von Indigenen sowie mehr Regenwald-Abholzungen – all das droht durch den Deal mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.

    CBG auf Saatgut-Festival #1

    Am 11. Februar 2023 war die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) mit einem eigenen Infostand auf dem Kölner Saatgutfestival vertreten. Gemeinsam mit weiteren Organisationen wie FIAN oder der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT (AbL) informierte die Coordination über ihre aktuellen Themen und sammelte kräftig Unterschriften für einen „Glyphosat-Stopp jetzt!“. Auch auf die alljährlichen Aktionen rund um die BAYER-Hauptversammlung wies die CBG hin. Veranstalter des Saatgutfestivals waren unter anderem der VEREIN ZUR ERHALTUNG DER NUTZPFLANZENVIELFALT (VEN) und die Volkshochschule Köln. Neben einer Tauschbörse für selbst geerntetes Saatgut bot das Programm vor allem Vorträge zum Schwerpunktthema „Boden“, die auch die aktuelle Krisensitation betrachteten – vom Klimawandel über Artensterben und Ernährungssicherheit bis hin zu Menschenrechten.

    CBG auf Saatgut-Festival #2

    Am 11. März 2023 nahm die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) am Düsseldorfer Pendant des Kölner Saatgut-Festivals teil und stieß mit ihrem Stand bei den rund 1.500 BesucherInnen auf großes Interesse.

    CBG beim „Festival der Jugend“

    Das diesjährige „Festival der Jugend“ der SDAJ fand vom 26. bis zum 29. Mai im Jugendpark am Köln-Deutzer Rheinufer statt. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) war dort mit einem Stand vertreten. Bei herrlichem Frühlingswetter kam sie mit vielen Festival-BesucherInnen über den fast in Sichtweite des Jugendparks gelegenen BAYER-Konzern ins Gespräch und diskutierte über die Möglichkeiten von Konzern-Kritik. Zudem brachte die Coordination ihr Info-Material unter die Leute und sammelte Unterschriften für die aktuelle Glyphosat-Kampagne.

    Letzte Generation: CBG solidarisch

    Die Klima-AktivistInnen der Letzten Generation sehen sich massiven Repressionsmaßnahmen gegenüber. So kam es am 24. Mai wegen des Verdachts auf Bildung bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu Razzien in sieben Bundesländern. Zudem nahm die Staatsanwaltschaft die Homepage der Initiative vom Netz und stellte die Inhalte sicher. Auch die Sperrung von Bank-Konten und ein „Vermögensarrest zur Sicherung von Vermögenswerten“ erfolgten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) veröffentlichte daraufhin eine Solidaritätserklärung. „Dieser Angriff trifft nicht nur die Letzte Generation, sie trifft nicht einmal nur die Klimabewegung. Hier werden willkürlich demokratisch verbriefte Protestformen wie ziviler Ungehorsam kriminalisiert und gewaltfreier Protest, der seit eh und je das Kennzeichen zivilgesellschaftlicher Bewegungen ist, zu Kriminalität umetikettiert“ hieß es darin. Überdies beteiligte die CBG sich am 30. Mai in Düsseldorf an einer Soli-Demo.

    Gedenken an Klas Ewert Everwyn

    Mitte Februar 2023 fand in der Düsseldorfer Buchhandlung BiBaBuZe eine Lesung zu Ehren des 2022 verstorbenen Schriftstellers Klas Evert Ewerwyn statt. Vier KollegInnen des Autors lasen vor einem Publikum, das die Stuhlreihen bis auf den letzten Platz füllte, aus den Schriften Ewerwyns vor, was großen Anklang fand und bei vielen Erinnerungen wieder aufleben ließ. Die COORDINATION GEGEN BAYER GEFAHREN (CBG) war an diesem Abend ebenfalls mit von der Partie und legte an einem Stand das von ihr herausgegebene Buch „Der Dormagener Störfall“ aus. In diesem hatte Ewerwyn sich nämlich einer Beinahe-Katastrophe made by BAYER gewidmet, was sofort den Konzern auf den Plan rief. Er drohte mit einer Prozesslawine und erreichte in einem Vergleich die Streichung des Namens „BAYER“ aus dem Text. Dem Druck von Seiten des Unternehmens geschuldet, verschwand der Roman bald in der Versenkung und gelangte nie in den offiziellen Buchhandel – bis die Coordination ihn 1997 neu herausgab.

    DUOGYNON: Die CBG fragt nach

    Der Schwangerschaftstest DUOGYNON der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt. Darüber hinaus kamen durch das Medizin-Produkt bis zum Vermarktungsstopp Anfang der 1980er Jahre unzählige Kinder mit schweren Fehlbildungen zur Welt. Entschädigungsforderungen wiesen SCHERING und der Leverkusener Multi als Rechtsnachfolger jedoch stets ab. Auch das damalige Bundesgesundheitsamt (BGA) steht in der Verantwortung, denn es verletzte seine Aufsichtspflicht. Ein Angestellter bezeichnete sich sogar einmal als „Advokat der Firma SCHERING – und handelte entsprechend. So schmuggelte er etwa entlastende Unterlagen in das BGA und hielt das Unternehmen immer über die Vorgänge im Amt auf dem Laufenden. Der Mitarbeiter gab dem Pillen-Produzenten zudem Tipps für Entlastungsstudien und für den Umgang mit der aufkeimenden Kritik am Verhalten des Konzerns. Auf Druck der Betroffenen-Verbände befasste sich im Jahr 2021 der Petitionsausschuss des Bundestages mit der Angelegenheit. Dieser schlug vor, eine Untersuchung über die Vorgänge im BGA in Auftrag zu geben, „deren Ergebnisse für die Entscheidung über die Einrichtung eines Entschädigungsfonds zugrundegelegt werden“. Dem folgte der zu der Zeit amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Mit der Bestallung des Historikers Dr. Niklas Lenhard-Schramm als Gutachter nahm er das Ergebnis allerdings schon so gut wie vorweg. Lenhard-Schramm hatte sich nämlich schon im Vorfeld zu DUOGYNON geäußert und erklärt, ein Verbot wäre damals rechtlich nicht möglich gewesen. Zusätzlich empfahl er sich durch Entlastungsstudien zu CONTERGAN und zu Medikamentenversuchen an Kindern in Bethel. Wenig überraschend erstellte er dem Bundesgesundheitsamt in seiner „Sachverhaltsaufklärung“ dann auch einen Persilschein, was – ganz im Sinne Spahns – den Bund aus der Verantwortung für einen Entschädigungsfonds nahm. Das NETZWERK DUOGYNON reagierte empört, ließ ein Gegengutachten erstellen und sandte dieses Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) wollte nun wissen, wie sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zu der darin geäußerten Kritik an der Arbeit von Lenhard-Schramm positioniert und welche weiteren Schritte es in Sachen „DUOGYNON“ plant. Also stellte die Coordination eine Anfrage. Die Antwort fiel knapp aus. Das Gegengutachten „wird derzeit ausgewertet“, hieß es in dem Schreiben, und von weiteren Schritten war gar nicht die Rede. Für das Ministerium ist der Fall nun, da eine Untersuchung zum Umgang des BGA mit dem Schwangerschaftstest vorliegt, offenbar erledigt. „Aus Sicht des BMG ist damit dem Beschluss des Petitionsausschusses vom 10. Juni 2021 Rechnung getragen“, lautet der letzte Satz der Mail an die CBG.

    KAPITAL & ARBEIT

    Immense Lohnspreizung

    Bei BAYER geht die Gehaltsschere weit auseinander. So übersteigt die „Zielvergütung“ des Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann, die sich auf 7,8 Millionen Euro beläuft, den durchschnittlichen Jahreslohn eines Tarif-Beschäftigten um den Faktor 93. Seine VorstandskollegInnen streichen das 55-Fache ein. Auf der Hauptversammlung im Jahr 2009 hatte eine Vertreterin des DACHVERBANDES DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE vorgeschlagen, die auch zu dieser Zeit schon eklatante Einkommensspreizung in einem ersten Schritt auf den Faktor 20 zu reduzieren. Sie erhielt jedoch eine schnöde Abfuhr: BAYERs damaliger Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Schneider sprach sich vehement gegen solche „statistischen Grenzen“ aus. Auch der jetzige Aufsichtsratsvorsitzende Norbert Winkeljohann lässt über solche Limits nicht mit sich reden: „Darin sehen wir aus verschiedenen Gründen keinen Mehrwert.“ Seiner Ansicht sind die Gehaltsunterschiede „absolut angemessen“.

    IG FARBEN & HEUTE

    BAYERs Stiftung

    Im April 2023 hat der BAYER-Konzern eine Wende im Umgang mit seiner Nazi-Vergangenheit angekündigt. Er rief die „Hans und Berthold Finkelstein Stiftung“ ins Leben und betraute sie mit der Aufgabe, sich der zur Firmen-Geschichte gehörenden I.G. FARBEN zu widmen. „Mit der Gründung der Stiftung und der Würdigung der Familie Finkelstein erinnern wir an das Geschehene und reflektieren das Handeln der I.G. FARBEN während der NS-Zeit“, erklärte der Leverkusener Multi. Nach Ansicht der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ist dieser Schritt fast 80 Jahre nach dem Ende des Faschismus mehr als überfällig. Aber die Coordination traut dem Agro-Riesen nicht ganz über den Weg. „Um die Ehrlichkeit des BAYER-Vorhabens unter Beweis zu stellen, muss der Konzern sich zu allererst öffentlich bei allen Opfern der I.G.-FARBEN-Verbrechen bzw. deren Hinterbliebenen entschuldigen und die gerechte Entschädigung der betroffenen Familien sicherstellen“, forderte die Coordination deshalb. Und noch andere Gradmesser für die Glaubwürdigkeit der Aufarbeitungsinitiative nannte die CBG. Sie verlangte eine Distanzierung von der unwürdigen Behandlung ehemaliger SklavenarbeiterInnen auf den BAYER-Hauptversammlungen und von der verharmlosenden Darstellung der Zeit des Nationalsozialismus in der Firmen-Chronik „Meilensteine“. Auch eine Öffnung des BAYER-Archiv für alle Interessierte verlangte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN.

    BAYERs Mahnmal

    Im Zuge des neuen Anlaufs zur Aufarbeitung seiner Geschichte in der Nazi-Zeit (s. o.) hat der BAYER-Konzern direkt neben seiner Leverkusener Zentrale ein Mahnmal für SklavenarbeiterInnen errichtet. „Dieser Ort erinnert an die rund 16.000 Menschen, die während des Zweiten Weltkriegs an den Niederrhein-Standorten der I.G. FARBEN-INDUSTRIE Zwangsarbeit leisten mussten“, informiert eine Tafel. Allerdings gab es bei I.G. noch viel mehr Standorte – mindestens 23 nämlich – an denen Häftlinge aus KZs und Gefängnissen schuften mussten. Dementsprechend erhöht sich die Zahl der ArbeitssklavInnen auf insgesamt 55.445. Und in Auschwitz unterhielt die Interessensgemeinschaft sogar ein eigenes KZ für sie, um mit ihnen ein Werk in der Nähe des Lagers aufzubauen. 23.000 bis 25.000 dieser I.G.-SklavInnen überlebten das nicht.

    Benjamin Ferencz gestorben

    Am 7. April 2023 starb Benjamin Ferencz im Alter von 103 Jahren. Bei den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen hat er als Chefankläger das Verfahren gegen die Einsatz-Truppen des NS-Regimes geleitet. In den 1950er Jahren dann verhandelte Ferencz im Auftrag der „Jewish Claims Conference“ mit den deutschen Firmen, die während der Nazi-Zeit SklavenarbeiterInnen beschäftigt hatten, über Entschädigungszahlungen. Allein die von BAYER mitgegründete IG FARBEN hielt in Auschwitz, wo sie ein eigenes Lager betrieb, und an anderen Standorten über 50.000 ArbeitssklavInnen. Aber Ferencz konnte nicht viel für diejenigen, welche die Tortur überlebt hatten, herausholen. Gerade einmal 27 Millionen DM zahlte die I.G. und andere Unternehmen noch weniger. Dementsprechend bitter fiel das Resümee des Juristen aus: „Sogar die strengen Härtefälle unter denen, die die Arbeit für die I.G. FARBEN in Auschwitz überlebt haben, erhielten jeder nicht mehr als 1.700 Dollar. Die jüdischen Sklaven von KRUPP und die, die für SIEMENS geschuftet hatten, mussten sich mit 825 Dollar abfinden. Die AEG/TELEFUNKEN-Sklaven bekamen nicht mehr als 500 Dollar, und die Juden, die für RHEINMETALL gearbeitet hatten, erhielten noch weniger.“

    POLITIK & EINFLUSS

    Keine Pestizid-Reduktion mit der EVP

    Zum Green Deal der Europäischen Union gehört auch eine Agrar-Strategie. Diese sieht unter anderem eine Verringerung des Pestizid-Einsatzes um 50 Prozent bis 2030 vor. Der Leverkusener Multi wendet sich in Tateinheit mit anderen Herstellern strikt gegen die Pläne. In einem Interview von 2020 etwa sagte der damalige Vorstandsvorsitzende Werner Baumann: „Es wäre illusorisch zu glauben, wir könnten ohne Pflanzenschutzmittel die bald acht Milliarden Menschen auf der Erde ernähren, die Biodiversität schützen und zugleich keine weiteren Flächen für die Landwirtschaft erschließen.“ Dementsprechend hochtourig verläuft der Lobby-Einsatz, zunächst Corona und dann den Ukraine-Krieg als Argument für ein „Regulierungsmoratorium“ nutzend. Und die politische Landschaftspflege trägt Früchte. So stimmte die Europäische Volkspartei (EVP) Anfang Mai 2023 in konzertierter Aktion mit den rechtsextremen und euroskeptischen Fraktionen des EU-Parlaments gegen die Pestizid-Verordnung, deren Zukunft nun ungewiss ist. Auch zu anderen Umweltschutz- und Klimaschutz-Maßnahmen geht die Partei unter Führung des CSU-Politikers Manfred Weber zunehmend auf Distanz, weil sie sich so bessere Chancen bei der im nächsten Jahr anstehenden Europa-Wahl ausrechnet.

    BAYERs Ukraine-Investition

    Anfang April 2023 reiste Wirtschaftsminister Robert Habeck in die Ukraine und hatte auch etwas dabei: „Eine Wirtschaftsdelegation, die der Ukraine die Hoffnung macht, dass es nach dem Krieg wieder einen Wiederaufbau geben wird.“ „Konkrete Investitionsentscheidungen“ erwähnte er in diesem Zusammenhang und nannte als erste die des Leverkusener Multis. „BAYER, der deutsche Pharma- und Chemiekonzern, wird hier 60 Millionen investieren“, so Habeck. Der Agro-Riese steckt das Geld in den Ausbau seiner Aufbereitungsanlage für Mais-Saatgut, die er 2018 in Pochuiky eröffnet hatte. Unter anderem will der Global Player einen dritten Trockner für die Mais-Saaten in Betrieb nehmen und die Produktionskapazität durch diese und weitere Maßnahmen um bis zu 30 Prozent steigern, wie er bereits Mitte Februar bekanntgegeben hatte. Zusätzlich beabsichtigt der Gentech-Gigant auf dem Areal der Fertigungsstätte, die bereits Angriffen ausgesetzt war, zwei Luftschutzbunker zu errichten. „Wir werden unseren Teil dazu beitragen, den Wiederaufbau-Plan für die Ukraine zu unterstützen und die Ernährungssicherheit in der Region und weltweit zu gewährleisten“, erklärte ein Unternehmenssprecher. Die Tatsache, dass der Mais für die Futtertröge der Massentier-Haltung bestimmt ist, ignorierte er dabei geflissentlich. Auch BAYERs oberster Öffentlichkeitsarbeiter Matthias Berninger meldete sich zu Wort: „[D]as ist eine sehr, sehr große Investition, die im doppelten Sinne Hoffnung macht. Zum einen den vielen Bauern, die auf gutes Saatgut warten, zum anderen aber auch der Regierung“, bekundete er. Der Konzern kann bei seinem Vorhaben auf Nummer Sicher gehen, denn im Ernstfall „haftet der Staat dafür“, wie Habeck betonte: „Das machen wir sonst nicht in Kriegsgebieten.“ Als Solidaritätsbekundung ist BAYERs Engagement dann auch nicht zu verstehen. Die Aktien-Gesellschaft hat eine längerfristigere Strategie. Sie setzt auf die fruchtbaren Böden des Landes, das einst als Kornkammer Europas galt – oder in den Worten Berningers: „Die Idee ist ganz einfach: Wir glauben, dass die Ukraine der beste Standort ist für die Saatgut-Produktion in Europa“. Für andere Dinge ist hingegen Russland nach wie vor ein guter Standort. Darum macht das Unternehmen auch dort weiter Geschäfte.

    Das Mercosur-Lobbying von BAYER & Co.

    Neben den Auto-Konzernen zählt die Chemie-Industrie zu den Hauptprofiteuren des Handelsvertrags zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, dessen Unterzeichnung Brüssel noch in diesem Jahr erreichen will. Aber der schrittweise Wegfall der Einfuhrzölle auf Pestizide und Pharmazeutika und andere schöne Dinge fielen BAYER & Co. nicht einfach in den Schoß; die Unternehmen mussten dafür eine intensive Pflege der politischen Landschaft betreiben. Die Details dazu brachte eine Anfrage der Initiative POWERSHIFT ans Licht, die mit Hilfe von FRAG DEN STAAT unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz die entsprechenden Dokumente angefordert hatte. So führte der „Verband der Chemischen Industrie“ dem Bundeswirtschaftsministerium in einem Schreiben vom September 2016 beispielsweise den hohen Anteil von Pharmazeutika an den deutschen Exporten nach Brasilien und Argentinien vor Augen, um dann Handlungsbedarf anzumelden: „Die Chemie-Zölle der Mercosur-Staaten sind relativ hoch (…) Der Abbau dieser Zölle muss somit ein zentrales Element eines EU-Mercosur FHA [Freihandelsabkommen, Anm. Ticker] sein, das Ambitionsniveau der Mercosur-Seite muss erhöht werden“. Aber das Lateinamerika-Referat des Ministeriums wurde auch proaktiv tätig. Im August 2016 schrieb es etwa aus Anlass einer bevorstehenden Verhandlungsrunde mit den Mercosur-Staaten an diverse Industrie-Verbände: „Die Europäische Kommission hat uns im Vorfeld um ein Update zu den deutschen Interessen bezüglich des Abkommens sowie zu bestehenden Handelshemmnissen/Marktzugangsbeschränkungen gebeten. Wir würden der Kommission gerne eine konsolidierte Rückmeldung aus Deutschland geben und bitten Sie daher um Input für unsere Stellungnahme (…).“

    Das neue Pharma-Recht der EU

    Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, ein Medikament nach erfolgter Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA auch EU-weit auf den Markt zu bringen. Das ist aber längst nicht der Fall. BAYER & Co. betreiben Rosinen-Pickerei und suchen sich die Staaten aus, in denen sie die höchsten Preise verlangen können. Das Nachsehen haben dabei oft die östlichen Mitgliedsländer. Die Europäische Union hat jetzt Handlungsbedarf erkannt, plant im Rahmen ihrer Reform des Arzneimittelrechts aber nicht etwa Restriktionen, sondern entschied sich für Anreize. Sie will Konzernen, die eine Arznei überall in der EU anbieten, eine längere Patentlaufzeit gewähren, wenn sie sich davon auch nur 15 Prozent mehr Pharmazeutika in den Apotheken der Ost-Staaten verspricht. Ebenfalls mit Lockmitteln beabsichtigt die Union, die Entwicklung von Antibiotika zu forcieren. Sie winkt mit Gutscheinen, die es BAYER & Co. ermöglichen, die Patent-Laufzeit für ein frei wählbares Produkt um ein Jahr zu verlängern. Zudem plant die Union, Pharmazeutika schneller zuzulassen und dafür die Genehmigungsverfahren von 210 auf 180 Tage abzukürzen. „Positives Verhalten wird belohnt, und Verpflichtungen werden nur eingesetzt, wenn es keine Alternativen gibt“ – so beschreibt die EU-Kommission ihren Ansatz. Und alternativlos erschien es ihr, die Patentschutz-Untergrenze von zehn auf acht Jahre zu senken, um die weit billigeren Nachahmer-Präparate schneller auf den Markt zu bringen und den Eisernen Vorhang in Sachen „Versorgung“ ein wenig zu öffnen. Darüber zeigte sich Big Pharma aber „not amused“. „Die Gesamtwirkung der heute vorgelegten Vorschläge schwächt die Rechte am geistigen Eigentum und kann nur zu einem weiteren Rückgang der Forschungsinvestitionen führen“, so der von BAYER gegründete „Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller“ (VFA) und sein europäisches Pendant EFPIA in einem gemeinsamen Statement. Der Pharma-Chef des Leverkusener Multis, Stefan Oelrich, stieß sich vor allem an der Art und Weise, wie Brüssel das Arzneimittel-Angebot in der EU ausgeglichener gestalten möchte. „Wir haben der Kommission klare Vorschläge gemacht, wie wir die Zugangsprobleme lösen könnten, beispielsweise durch gestaffelte Preise innerhalb der Europäischen Union“, grummelte er. Unterstützung erhielt Oelrich in der Angelegenheit durch die Bundesregierung, welche die Regelung in einem Brief an die Kommission kritisierte, weil es in den einzelnen Ländern unterschiedliche Preis- und Erstattungsverfahren gebe, was den Konzernen die Beantwortung der Frage erschwere, „ob die Kosten für die Entwicklung wieder hereingeholt werden können“. „Eine solche Ungewissheit könnte zu einer erheblichen Verringerung der Investitionen führen“, warnten Scholz & Co. in ihrem Schreiben deshalb.

    BAYER sponsort Hoffest

    Der Leverkusener Multi gehörte neben AMAZON, SIEMENS, VATTENFALL und anderen Unternehmen zu den Sponsoren des „Hoffestes“, das Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am 4. Juli 2023 im Roten Rathaus ausrichtete.

    Neubaur bei BAYER

    BAYER, AMGEN, BOEHRINGER INGELHEIM, NOVARTIS und andere Pharma-Riesen haben in Tateinheit mit der IG BERGBAU, CHEMIE, ENERGIE die Initiative „Fortschrittsdialog – Gesunde Industriepolitik“ ins Leben gerufen, um politische Landschaftspflege in Sachen „Genmedizin“ zu betreiben. Mitte Mai 2023 nahm die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen) im Wuppertaler BAYER-Werk an einem dieser „Fortschrittsdialoge“ teil. Es handelte sich allerdings eher um Monologe, denn Kontroversen gab es nicht. So bekannte sich Neubaur aus ganzem Herzen zur Risiko-Technologie im Allgemeinen und zu NRW als einem „der stärksten Biotech-Standorte Europas“ im Besonderen. „Wir dürfen uns aber nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen“, mahnte sie: „Seit Jahren pflegen wir daher den engen Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der Pharma-Branche im ‚Pharmadialog Nordrhein-Westfalen’“.

    BAYER kritisiert Lauterbach-Gesetz

    Das große Defizit von AOK, DAK & Co. hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im letzten Jahr zum „Gesetz zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ veranlasst (siehe auch SWB 4/22). Weil das viele Geld, das BAYER & Co. für manche ihrer Pillen verlangen, nicht wenig zu der misslichen Lage beigetragen hat, wollte das Paragrafen-Werk die Pharma-Riesen ursprünglich mit einer Solidar-Abgabe in Höhe von zwei Milliarden Euro belegen. Massiver Lobby-Druck hat das dann allerdings verhindert. Lauterbach beließ es stattdessen bei einer – auf ein Jahr befristeten – Erhöhung des Hersteller-Rabattes auf Medikamente. Zwölf statt sieben Prozent erhalten die Kranken-Versicherungen 2023. Zudem haben die Pillen-Produzenten auf Kombinationspräparate künftig einen 20-prozentigen Abschlag zu gewähren. Darüber hinaus dürfen sie für neue patentgeschützte Arzneien nicht mehr ein ganzes, sondern nur noch ein halbes Jahr lang Mondpreise veranschlagen. Überdies kommen Präparate für seltene Krankheiten jetzt lediglich unterhalb eines Jahresumsatzes von 20 Millionen Euro in den Genuss von Erleichterungen. Auch verlängert das „GKV-Finanzstabilisierungsgesetz“ das Preis-Moratorium für Pharmazeutika. Und schließlich gibt es strengere Vorgaben für solche Pharmazeutika, die im Vergleich zu den schon länger eingeführten Mitteln kaum einen Zusatznutzen aufweisen. Hieran stört sich der BAYER-Konzern besonders. Sein Pharma-Chef Stefan Oelrich übte in seiner Stellungnahme für den Gesundheitsausschuss des Bundestages, die er in seiner Eigenschaft als Vize-Präsident des europäischen Pharma-Verbandes EFPIA abgab und eigentlich dem Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Lieferengpässen gelten sollte, massiv Kritik daran. Was der Gesetzgeber als nur „geringen Zusatznutzen“ bezeichnete, nannte Oelrich eine „Schrittinnovation“. So ein Kleinklein wäre in der Branche überdies der Regelfall, hielt er mit Verweis auf Diabetes und psychische Erkrankungen fest, „da ein mindestens beträchtlicher Zusatznutzen hier so gut wie nie erreicht werden kann“. Das nicht mehr so fürstlich wie bisher zu honorieren, hat dem Pharma-Manager zufolge beträchtliche Nebenwirkungen. „Anreize für die Entwicklung verbesserter Therapie-Ansätze und für weitere Behandlungsoptionen werden vermindert und die Markt-Einführung dieser Schritt-Innovationen in Deutschland gefährdet. Was jetzt verlagert und in anderen Ländern investiert wird, das wird nicht mehr zurückkommen. Das kann nicht der Wunsch der Politik im Sinne einer stabilen Versorgung der Bevölkerung in Deutschland sein“, schreibt er.

    EU-Lieferkettengesetz auf dem Weg

    Die Lieferketten BAYERS erstrecken sich über den gesamten Globus. So bezieht der Leverkusener Multi seine Arznei-Grundstoffe zu einem guten Teil aus Indien und China, wo hunderte Firmen dank niedriger Umwelt- und Sozialstandards zu Schnäppchen-Preisen für den Weltmarkt fertigen, was verheerende Folgen für Mensch, Tier und Umwelt hat. In anderen Branchen kommt es im Zuge der Globalisierung zu ähnlichen Phänomenen. Darum erkannten die Vereinten Nationen bereits im Jahr 2011 Handlungsbedarf und hielten ihre Mitgliedsländer dazu an, Maßnahmen zu ergreifen. Die Bundesrepublik setzte dabei lange auf Freiwilligkeit. Aber als entsprechende Initiativen im Sande verliefen, entschloss die Politik sich doch zu einem Gesetz. Dessen Bestimmungen konnten die Konzerne allerdings durch vehementen Lobby-Einsatz entscheidend verwässern. So beschränkt sich das Paragrafen-Werk, das Anfang 2023 in Kraft trat, auf direkte Zulieferer und enthält keine konsequenten Haftungsregelungen. Anders der Richtlinien-Entwurf der EU, dem die ParlamentarierInnen am 1. Juni 2023 in Brüssel zustimmten: Er ist strafbewehrt und erstreckt sich auf alle Glieder der Lieferketten vom Rohstoff-Abbau bis hin zur Entsorgung. Zudem bezieht er auch kleinere Firmen mit ein. Es fehlen allerdings Regelungen zu Doppelstandards, wie sie beispielsweise bei der weltweiten Vermarktung von innerhalb der EU verbotenen Pestiziden üblich ist, sowie zum Umgang mit gefährlichen Chemikalien generell. Und obwohl der Entwurf durchaus Sanktionen vorsieht, gesteht er Geschädigten im konkreten Fall zu wenig Möglichkeiten zu, ihr Recht zu verfolgen. Aber BAYER & Co. geht das alles schon zu weit. Sie sehen sich nicht dazu in der Lage, ihre gesamten Wertschöpfungsketten zu überprüfen und fordern eine Begrenzung der Haftungsvorschriften. Ansonsten würde „einer weltweiten Klage-Industrie Tür und Tor geöffnet“, so der „Verband der Chemischen Industrie“ in einer Stellungnahme. Diese Position dürfte er mit Vehemenz in die Verhandlungen über die endgültige Fassung des EU-Gesetzes einbringen, die jetzt zwischen der EU-Kommission, dem EU-Parlament und dem MinisterInnen-Rat beginnen.

    PROPAGANDA & MEDIEN

    BAYER sponsert die Herzen der Fans

    Ausdauernd sucht der BAYER-Konzern nach Mittel und Wegen, um seinen „Tausendsassa“ ASPIRIN als Mittel zur Vorbeugung von Herzinfarkten unter die Leute zu bringen. Jetzt hat er dafür mit Sport-Fans eine neue Zielgruppe aufgetan, geht denen doch manchmal mächtig die Pumpe, wenn sie die Spiele ihrer Lieblingsmannschaft verfolgen. Der Leverkusener Multi nutzte also den „American Heart Month“ im Februar 2023 und lancierte auf allen Kanälen eine Kampagne, um sich als „Official Sponsor of Fans’ Hearts“ in Szene zu setzen und den Sport-AnhängerInnen zu zeigen, wie sie „das Herz im Spiel“ halten können – nämlich mit ASPIRIN.

    DRUGS & PILLS

    Wieder ein Indikationsgebiet weniger

    Das Pharma-Segment „Frauengesundheit“ mit seinen Verhütungsmitteln und anderen Präparaten hat dem BAYER-Konzern wegen der vielen Risiken und Nebenwirkungen der Mittel immer wieder Klagen von Geschädigten eingetragen, die erfolgreich endeten. Millionen-Summen musste das Unternehmen nach Prozessen in Sachen „YASMIN“, „MIRENA“ und „ESSURE“ schon zahlen. Diese Schadensbilanz ist für den Leverkusener Multi aber nicht der Grund für den Rückzug auf Raten aus dem Indikationsgebiet, den er im März 2023 bekanntgab. Den Ausschlag gab vielmehr das Ausbleiben von rendite-trächtigen Innovationen. „In den letzten 50 Jahren hat es neben der hormonellen Verhütung und neben Hormonpräparaten aus unserer eigenen Forschung dort relativ wenig Durchbrüche gegeben. Was Forschung anbetrifft und dann die darauffolgenden klinischen Phasen, werden wir nicht mehr einen expliziten Frauengesundheitsfokus haben“, so Pharma-Chef Stefan Oelrich. Erschwerend kam noch hinzu, dass mit Vilaprisan und Eliapixant zwei Arzneimittel-Kandidaten die Test-Phase nicht überstanden. Nur die Entwicklung von Elinzanetant verfolgt der Global Player noch weiter. Stattdessen will er sich in Zukunft auf die Felder „Krebs“, „Herz/Kreislauf-Erkrankungen“, „Neurologie“, „seltene Krankheiten“ sowie „Immunologie“ konzentrieren. Damit schrumpft das Arznei-Angebot noch weiter. Eine umfassende Gesundheitsversorgung kann BAYER als größter deutscher Pillen-Produzent schon längst nicht mehr garantieren.

    Kooperation mit BICYCLE THERAPEUTICS

    Der BAYER-Konzern konzentriert sich im Pharma-Bereich mehr und mehr auf Krebs, weil das am meisten Rendite abwirft. Er hat sich zum Ziel gesetzt, in diesem Segment bis zum Jahr 2030 auf einen Umsatz von zehn Milliarden Dollar zu kommen. Dabei setzt er zunehmend auf den Erwerb von Unternehmen und auf Kooperationen, die eigene Forschung vernachlässigt der Leverkusener Multi hingegen. Die jüngste Zusammenarbeit vereinbarte er mit BICYCLE THERAPEUTICS. Die britische Firma hat spezielle Peptide entwickelt, die sich BAYER zufolge „mit hoher Affinität und Selektivität“ an Tumor-Zellen binden. Davon will der Global Player bei der Entwicklung neuer Radionuklid-Therapien – also Behandlungsmethoden mit radioaktiven Wirkstoffen – profitieren.

    Keine neuen STIVARGA-Indikation

    Der BAYER-Konzern versucht ständig, die Indikationsgebiete für seine Arzneien zu erweitern. Beim Krebsmedikament STIVARGA (Wirkstoff: Regorafenib) scheiterte das Unterfangen einstweilen. Sowohl als Therapeutikum bei Hirn-Tumoren als auch bei Leber-Karzinomen scheiterte das Mittel, das bisher zur Behandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs und von GIST – einer bestimmten Art von Verdauungstrakt-Tumoren – zur Anwendung kommt.

    ALIQOPAs tödliche Nebenwirkungen

    Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) kritisiert bereits seit Langem die beschleunigten Zulassungsverfahren, die für Medikamente zur Therapie seltener Krankheiten – sogenannte Orphan Drugs – gelten. Im Ticker 4/18 hieß es beispielsweise: „So genehmigte die ‚Food and Drug Administration’ BAYERs ALIQOPA mit dem Wirkstoff Copanlisib zur Behandlung von Patient-Innen mit dem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL), einer bestimmten Form des Lymphdrüsen-Krebses, obwohl nur 104 Menschen an der Klinischen Prüfung teilnahmen und sich die positiven ALIQOPA-Effekte in Grenzen hielten.“ Fünf Jahre später zeigt sich nun bei anderen Indikationen das Gefährdungspotenzial von ALIQOPA und anderen Arzneien, die das Enzym P13K blockieren. Wie eine Überprüfung mehrerer Zulassungsstudien durch die „Food and Drugs Administration“ (FDA) ergab, haben die Pharmazeutika zwar kurzfristig positive Effekte, führen bei den Test-Personen auf lange Sicht aber zu erhöhten Sterblichkeitsraten. Die Toxizität der Mittel akkumuliert sich nämlich. Die FDA-WissenschaftlerInnen werfen dem Leverkusener Multi vor, diese Gefahr willentlich in Kauf genommen zu haben, indem er die ProbandInnen hohen Konzentrationen der Test-Substanz aussetzte, obwohl Daten darauf hindeuteten, „dass eine niedrigere Dosis von Copanlisib wirksam und besser verträglich sein könnte“. Die anderen Unternehmen gingen ähnlich vor. „Was wir oft gesehen haben, ist, dass die Leute die Dosis maximieren, um die höchste Ansprechrate zu erreichen, und nicht wirklich sorgfältig das Verhältnis zwischen Wirksamkeit, Dosis und Toxizität bewerten“, so Richard Pazdur vom Onkologie-Zentrum der FDA. Die Behörde verlangte wie auch die „European Medicines Agency“ weitere Untersuchungen der Hersteller. BAYER zog daraufhin den Zulassungsantrag zurück und bekundete, eine Wiedereinreichung „nach Durchführung zusätzlicher Analysen erneut zu prüfen“.

    HIV-Stiftung unterfinanziert

    In den 1980er Jahren infizierten Blut-Produkte von BAYER & Co. zehntausende Bluter mit AIDS oder Hepatitis C. Aus Profit-Gründen hatten die Konzerne die Einführung von Virus-Inaktivierungsverfahren hinausgezögert und trotz aller Warnungen lange Zeit weiter das Blut von Risiko-Gruppen zur Herstellung ihrer Präparate verwendet. Darum blieb dem Leverkusener Multi in der Bundesrepublik kaum etwas anderes übrig, als sich 1995 gemeinsam mit anderen Pillen-Riesen und dem „Deutschen Roten Kreuz“ finanziell an der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ zu beteiligen. Die Unternehmen rechneten dabei mit einem zeitlich befristeten Engagement. Diese Einschätzung erwies sich jedoch als falsch – die AIDS-Kranken lebten länger als erwartet. Darum senkten sie ihre Zahlungen und stellten sie schließlich ganz ein. Seit 2019 kommt nur noch der Bund für die Finanzierung auf. Das reicht aber nicht aus, um den Bedarf der Betroffenen zu decken. Mit zunehmendem Alter sind nämlich mehr und mehr von ihnen auf pflegerische Betreuung und Haushaltshilfen angewiesen, was zusätzliche Mittel erfordert. Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU wollte deshalb von der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage wissen, ob diese daran denkt, den Etat aufzustocken. Das lehnte die Ampelkoalition allerdings ab: „Es sind keine Maßnahmen geplant, die über die Anpassung der HIV-Hilfen entsprechend der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 16 HIVVHG hinausgehen.“ Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert den BAYER-Konzern auf, seiner Verantwortung gerecht zu werden und sich wieder an der Stiftung zu beteiligen.

    Hepatitis-Infizierte gehen leer aus

    Durch die infizierten Blut-Produkte von BAYER & Co. (s. o.) erkrankten Bluter an AIDS oder Hepatitis C. Während die HIV-Patienten wenigstens ein bisschen Geld von einer Stiftung bekommen, gehen die an Hepatitis C Leidenden ganz leer aus. Und das dürfte sich auch kaum ändern, wie aus der Antwort der Ampelkoalition auf eine Kleine Anfrage von CDU/CSU hervorgeht. Das Thema war „in der Vergangenheit bereits mehrfach Gegenstand parlamentarischer Untersuchungen und Beratungen, ohne dass bisher gesetzgeberischer Handlungsbedarf hergeleitet wurde“, hieß es da, und groß ans Herleiten möchten sich Scholz & Co. auch in der Gegenwart nicht machen. „Die Bundesregierung verfolgt hierzu die aktuellen Diskussionsprozesse und insbesondere die derzeitige Meinungsbildung im parlamentarischen Raum zu dieser komplexen Frage weiterhin“, erklärten sie lediglich.

    BITS & BYTES

    Kooperation mit CARGILL

    Die digitale Landwirtschaft sammelt mit Hilfe von Drohnen, Sensoren und Satelliten-Bildern Informationen über das Wetter, die Bodenbeschaffenheit, Pflanzenkrankheiten und Schadinsekten. Der BAYER-Konzern gehört mit der Plattform „FieldView“ zu den größten Anbietern in diesem Bereich, den er als Allzweck-Lösung für sämtliche gegenwärtigen Probleme des Agrar-Sektors preist – vom Klimawandel bis zum übermäßigen Pestizid-Gebrauch. De facto stärkt die Entwicklung bis jetzt nur die Monopolisierungstendenzen in der Branche – nicht nur die horizontalen, sondern auch die vertikalen. So hat sich der Leverkusener Multi in Indien mit dem Agrarrohstoff-Händler CARGILL zusammengetan, der gemeinsam mit BUNGE, DREYFUS und ARCHER DANIELS MIDLAND den gesamten Weltmarkt in diesem Sektor beherrscht, um auch den indischen Kleinbauern und -bäuerinnen den digitalen Segen zu bringen. Er will CARGILLs „Digital Saathi“-Plattform zum Verkauf seiner Produkte nutzen. Zunächst konzentriert sich der Agro-Riese dabei auf die Mais-FarmerInnen im Bundesstaat Karnataka. Aber er plant parallel zum Ausbau der Plattform – CARGILL will bis zum Jahr 2027 auf drei Millionen registrierte LandwirtInnen kommen – eine Ausweitung des Geschäfts.

    AGRO & CHEMIE

    BAYER hält Studien zurück

    Pestizide und andere Stoffe können das sich noch in der Entwicklung befindliche Nervensystem von Embryos, Babys und Kindern schädigen. Von „Entwicklungsneurotoxizität“ (DNT) sprechen die Fachleute in solchen Fällen. Die beiden WissenschaftlerInnen Axel Mie und Christiana Rudén von der Universität Stockholm forschten zu diesem Gebiet. Dabei stießen sie darauf, dass BAYER und SYNGENTA den EU-Zulassungsbehörden in den 2000er Jahren neun DNT-Studien vorenthalten haben, die sie der US-amerikanischen Environmental Protection Agency (EPA) hingegen zugehen ließen. „Das kann uns als Konsumenten in Gefahr bringen“, warnt Rudén, und Axel Mie pflichtet ihr bei: „Im schlimmsten Fall haben wir nun Wirkstoffe auf dem Markt, die eigentlich nicht angewendet werden dürften.“ Nach Ansicht der Forscher-Innen hätten die meisten der Arbeiten nämlich „eine tatsächliche oder regulatorische Auswirkung“ gehabt. Deshalb drängen die beiden die EU-Behörden, ihre Datensätze künftig mit denen ihrer Pendants in den anderen Ländern abzugleichen. In Brüssel rief das Verhalten von BAYER und SYNGENTA helle Empörung hervor. Die Hersteller hätten die Pflicht, „alle Informationen über potenziell schädliche Wirkungen eines Wirkstoffes“ vorzulegen, konstatierte die EU-Kommission und nannte das Rückhalten der Untersuchungen „besorgniserregend“. Die grüne EU-Parlamentarierin Sarah Wiener, Berichterstatterin für die Pflanzenschutzmittel-Verordnung der Europäischen Union, forderte derweil „scharfe Konsequenzen“. „Wenn relevante Studien nicht eingereicht werden, ist die Gesundheit der Menschen in der EU gefährdet“, so die Politikerin. Und der Vorsitzende des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments, Pascal Canfin von den Liberalen, strebt an, BAYER und SYNGENTA vorzuladen. Der Leverkusener Multi spielte das Fehlen der DNT-Dossiers zu den Ackergiften Ethoprophos, Fenamidone und Fenamiphos erwartungsgemäß herunter. Gegenüber JournalistInnen des Schweizer Radios und Fernsehens (SRF) gab der Konzern zu Protokoll, die Untersuchungen wären damals noch in Arbeit gewesen bzw. von der EU nicht ausdrücklich verlangt worden – und überhaupt: „Die von Ihnen angesprochenen Studien hätten die Risiko-Bewertung der Behörden nicht verändert“.

    Glyphosat-Studie zurückgehalten

    Der Skandal um die bei der EU nicht eingereichten Pestizid-Studien zur Entwicklungstoxizität (s. o.) betrifft auch eine Untersuchung zu Glyphosat-Trimesium von 2001. SYNGENTA hielt sie zurück. Der Wissenschaftler Axel Mie machte die Europäische Union darauf im Jahr 2022 aufmerksam. Deshalb konnte die Chemikalien-Agentur ECHA sie bei der aktuell laufenden Prüfung der Glyphosat-Zulassungsverlängerung berücksichtigen. Diese bestätigte zwar den alarmierenden Befund der Studie, wollte ihn jedoch nicht zweifelsfrei auf das Glyphosat selbst zurückführen. Es könnte sich auch um eine Verunreinigung der Probe gehandelt haben, so die Agentur. Mie verwirft diese Interpretation: „Diese Schlussfolgerung basierte offenbar auf einer falschen Interpretation des Wassergehalts der Prüfsubstanz als Verunreinigung.“ Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN wandte sich daraufhin an die ECHA und bat sie um eine Stellungnahme zu dem Statement des Forschers. Die Antwort fiel allerdings nichtssagend aus.

    Kein Glyphosat mehr auf den Gleisen

    Die DEUTSCHE BAHN zählte lange zu den Großverbrauchern von Glyphosat. So landeten 2017 67 Tonnen des Mittels auf den Gleis-Trassen. 2019 kündigte das Unternehmen dann einen Ausstiegsplan an. Der Konzern erklärte, bis 2023 ganz auf das Mittel verzichten zu wollen und meldete jetzt Vollzug. „Wir halten Wort und steigen 2023 kompett aus der Nutzung von Glyphosat aus“, so der Vorstandsvorsitzende Richard Lutz im März des Jahres. Nun beseitigt die Bahn die Wildpflanzen mittels Mäh-Maschinen und Pelargonsäure.

    Glyphosat schädigt Amphibien

    Nach einer Studie der Universität Ulm schädigt Glyphosat Amphibien. Schon bei einer Konzentration von 0,1 Milligramm pro Liter Wasser beobachteten die ForscherInnen Entwicklungsdefekte an Kaulquappen. Sie bestätigten damit die Befunde früherer Untersuchungen, die sich aber zumeist auf die verkaufsfertige Formulierung mitsamt der Beistoffe konzentriert hatten statt auf das Glyphosat selbst. Erneut findet sich damit ein Beleg dafür, wie sehr das Herbizid auch die Artenvielfalt gefährdet. Der BAYER-Konzern dürfte sich davon aber kaum überzeugen lassen. Er bestreitet solche Effekte auf die Biodiversität stets mit dem Hinweis auf den Wirkmechanismus des Pestizids. Es blockiert ein nur in Pflanzen vorkommendes Enzym und hält die Äcker so von unerwünschtem Beiwuchs frei. Das hat aber offensichtlich Nebenwirkungen, wie das Team um die Professorin Susanne Kühl nun einmal mehr gezeigt hat. Da es viele ähnliche Arbeiten gibt, stellt sich jedoch die Frage, warum hier erneut Tiere leiden mussten.

    GENE & KLONE

    Kurzhalm-Mais mit Gentechnik 2.0

    BAYERs Kurzhalm-Mais (siehe auch Ticker 3/20), der angeblich Wettereinflüssen besser trotzt als normallanger, weniger Wasser benötigt und den Pestizid-Einsatz reduziert, steht in den USA unmittelbar vor der Markteinführung. Derweil forscht der Agro-Riese an einer per Genome Editing produzierten Variante. Hierbei kommen Gen-Scheren wie CRISPR-Cas9 zum Einsatz, die das Erbgut angeblich genau an einer vorgegebenen Stelle auftrennen können, um es dann „umzuschreiben“ oder neue, im Labor hergestellte DNA-Stränge einzufügen. Allerdings arbeiten diese so trennscharf dann doch nicht. Allzu oft lassen CRISPR-Cas & Co. Fünfe gerade sein und setzen nicht an der avisierten Stelle, sondern an ähnlichen Abschnitten des Erbgutes zum Schnitt an. Und wenn eine bestimmte Sequenz in der DNA öfter vorkommt, so schnippeln sie so manches Mal auch öfter als ursprünglich vorgesehen – mit unkalkulierbaren Risiken.

    Entwicklungsstopp für BAY 2599023

    BAYER hat die Entwicklung einer Gentherapie für Bluter gestoppt und die Rechte für die Substanz „Peboctocogene Camaparvovec“ an ULTRAGENYX zurückfallen lassen, weil bei der klinischen Erprobung Komplikationen auftraten. Bei zwei der acht Probanden maßen die MedizinerInnen nach der Infusion von BAY 2599023 erhöhte Leberenzym-Werte, was auf Zellschädigungen hinweist.

    Kooperation mit ACUITAS

    Der BAYER-Konzern hat eine Kooperation mit ACUITAS vereinbart. Das kanadische Unternehmen stellt Gen-Fähren auf der Basis von Lipid-Nanopartikeln her, die z. B. bei einigen SARS-CoV-2-Impfstoffen zum Einsatz kamen, um die mRNA mit dem Bauplan des Corona-Antigens in die Zellen zu transportieren. Der Leverkusener Multi will diese Technologie nun bei Gentherapien von Lebererkrankungen zum Transport von genmanipulierten Ribonuklein-Säuren (RNA) nutzen. „Dies ermöglicht die effiziente und gezielte Abgabe von Geneditierungs-RNA-Komponenten an die Leber“, erklärt der Pharma-Riese.

    WASSER, BODEN & LUFT

    Chemie-Waffen in der Ostsee

    Millionen Tonnen Munition, Bomben, Minen und chemische Kampfstoffe aus zwei Weltkriegen lagern auf dem Grund von Nord- und Ostsee, darunter auch die einst von BAYER entwickelten Substanzen Lost, Tabun und Sarin. Da die Metall-Umhüllung der Chemie-Waffen mittlerweile korrodiert, treten die Gifte aus. Das stellt nicht nur für aquatische Lebewesen, sondern auch für Menschen eine große Gefahr dar. Trotzdem tat sich jahrzehntelang nichts. 2022 hat die Ampel-Koalition nun endlich ein dreijähriges Sofort-Programm zur Bergung von Lost & Co. in den zu Deutschland gehörenden Teilen der Gewässer auf den Weg gebracht. Entsprechendes für den gesamten Bereich der Meere steht allerdings noch aus. Die Ostsee-Anrainerstaaten haben sich auf ihrer letzten Zusammenkunft Ende Mai 2023 nun zumindest auf erste Schritte verständigt. „Gemeinsam müssen wir uns um die Räumung kümmern, um die Lebensadern der Ostsee, die Schifffahrt, Untersee-Kabel und – jetzt verstärkt Windkraft-Anlagen – zu kümmern“, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock bei dem Treffen des Ostsee-Rats. Geld aus Deutschland sagte sie dafür allerdings nicht zu, jeder Staat sei selbst für seine Hoheitsgewässer zuständig, so die Grünen-Politikerin. An eine Beteiligung von BAYER & Co. an den Kosten, wie sie die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) immer wieder fordert, denkt auch niemand. Stattdessen wollen die Länder die Windpark-Betreiber mit in die Pflicht nehmen.

    Rheinwasser für Tagebau-Seen

    Die Pläne zur Rekultivierung der Tagebau-Regionen im Rheinischen Revier sehen vor, aus den Gruben Bade-Seen zu machen – mit Wasser aus dem Rhein. Das ist allerdings nicht nur wegen der immer häufigeren Dürre-Phasen schwer zu bewerkstelligen. Ein zusätzliches Problem stellt die Verunreinigung des Flusses dar. Der BUND verweist dabei auf die Einleitungen von BAYER & Co. aus dem Leverkusener Chem-„Park“ und nennt als Beispiel Rückstände von polyfluorierten Alkyl-Verbindungen (PFAS). „RWE muss das Rheinwasser aufbereiten und reinigen“, fordert die Organisation deshalb. Das will der Strom-Gigant jedoch lediglich prüfen.

    STANDORTE & PRODUKTION

    Neues Labor-Zentrum in Cambridge

    Der BAYER-Konzern hat am US-amerikanischen Standort Cambridge, wo er hauptsächlich Zell- und Gentherapien (CGT) entwickelt, ein neues Labor-Zentrum für junge Unternehmen in Betrieb genommen. Diesen will er mit dem sogenannten Co.Lab Life-Science-Inkubator nach eigenem Bekunden „einen direkten Zugang zu den Experten von BAYER“ bieten. Tatsächlich ist es dem Leverkusener Multi aber eher darum zu tun, sich selbst einen Zugang zu den Start-Ups zu verschaffen, um ihr Wissen billig abzuschöpfen und daraus lukrative Pharma-Projekte zu machen.

    Es tut sich was in Soda Springs

    Im Geschäftsjahr 2022 stieß der BAYER-Konzern 3,03 Millionen Tonnen Treibhaus-Gase aus. Ein Gutteil davon geht auf das Konto von Glyphosat. Der gesamte Herstellungsprozess verschlingt nämlich Unmengen von Energie. Auf eine Betriebstemperatur von 1500° Celsius muss der Ofen am US-Standort Soda Springs kommen, um aus Phosphorit das Glyphosat-Vorprodukt Phosphor zu gewinnen. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) fordert hier bereits seit Langem Maßnahmen ein. Und jetzt endlich scheint sich etwas zu tun. Der Leverkusener Multi schloss mit dem US-Unternehmen CAT CREEK ENERGY einen Vertrag über die Lieferung von 1,4 Terawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien. Allerdings greift das erst ab 2028. Auch an die Fertigungsstätten selbst will der Agro-Riese ran. So kündigte er die „Implementierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen“ an. Und die Weiterverarbeitung des Phosphors zum fertigen Produkt ROUND-UP, die der Global Player in Luling, Louisiana vornimmt, beabsichtigt er ebenfalls sauberer zu gestalten. Eine „Optimierung der Herbizid-Produktion“ hat dort laut Geschäftsbericht begonnen.

    Mehr Lager-Kapazitäten in Pittsburgh

    Corona und der Ukraine-Krieg haben gezeigt, wie anfällig die globalen Lieferketten der Konzerne für Störungen sind. Die Multis reagieren darauf, indem sie mehr auf Vorratshaltung setzen und dafür ihre Lager-Kapazitäten erhöhen. So hat BAYER jüngst am US-Standort Pittsburgh entsprechende Vorkehrungen getroffen und eine neue Halle errichtet.

    UNFÄLLE & KATASTROPHEN

    600 Liter Glyphosat laufen aus

    In Bad Iburg kam es am 1. März 2023 zu einem Glyphosat-Austritt. Aus dem defekten Tank eines Sprüh-Fahrzeugs gelangten 600 Liter des Herbizid/Wasser-Gemisches ins Freie. Die Feuerwehr löste einen ABC-Alarm aus, wie immer bei Ereignissen mit atomaren, biologischen oder chemischen Substanzen, und tat in der Folge alles dafür, um zu verhindern, dass das Pestizid in die Kanalisation gelangt und das Trinkwasser vergiftet. Sie verschloss alle Gullys der Umgebung mit Dichtkissen und setzte zum Aufhalten der Ausbreitung Bindemittel ein. Einen verseuchten Grünstreifen trugen die Einsatzkräfte komplett ab. Die AnwohnerInnen versetzte die Meldung über das Auslaufen des Mittels in helle Aufruhr, wozu die nur spärlich fließenden Informationen ein Übriges taten. „Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten und erfahren plötzlich von einem ABC-Alarm in Ihrem Zuhause – ausgelöst durch ein hochgradig krebserregendes Pflanzengift, das scheinbar in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft eingesetzt wird. Sie brechen Ihre Arbeit ab und fahren nach Hause“, schilderte eine Bad Iburgerin einer Lokalzeitung ihre Reaktion. Solche Vorfälle, wie in Bad Iburg geschehen, sind keine Seltenheit. So vermeldete der BAYER-Konzern in seinem letzten Nachhaltigkeitsbericht für 2022 sechs LKW-Unfälle mit Freisetzungen von Agro-Chemikalien.

    ÖKONOMIE & PROFIT

    CURRENTA-Großkunde BAYER

    Im Jahr 2019 trennte sich der BAYER-Konzern von allen Anteilen, die er an der Service-Gesellschaft CURRENTA hielt, blieb ihr jedoch geschäftlich verbunden. So ist der Leverkusener Multi hinter LANXESS der größte Kunde des Entsorgungszentrums des Dienstleisters. 13 Prozent ihres Umsatzes macht die CURRENTA mit den Produktionsrückständen von BAYER.

    RECHT & UNBILLIG

    Neues vom HV-Prozess der CBG

    Bei der Hauptversammlung im Jahr 2017 hatte der BAYER-Konzern die Proteste massiv behindert. Im Jahr Eins nach der Ankündigung des Plans, MONSANTO zu übernehmen, sah der Global Player so einiges auf sich zukommen und wollte sich die AktivistInnen deshalb so gut es geht vom Leib halten. Zu diesem Behufe setzte er ihnen „aus Sicherheitsgründen“ beispielsweise ein riesiges Zelt vor die Nase und beschnitt so den Raum der Kundgebung. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN ging dagegen im Vorfeld durch Eilverfahren und nach dem AktionärInnen-Treffen durch Feststellungsklagen vor. Im Jahr 2020 reichte sie nach verlorenen Prozessen sogar eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht wg. Verstoßes gegen das Versammlungsrecht ein, über welche die RichterInnen bisher noch nicht entschieden haben. Zudem ist vor dem Oberwaltungsgericht Münster noch ein abgekoppeltes Verfahren anhängig. In diesem geht es um die entscheidende Rolle, die das Verkehrsamt der Stadt Bonn damals gespielt hat. Obwohl die Coordination im Vorfeld der Hauptversammlung auf dem „Platz der Vereinten Nationen“ schon eine Kundgebung angemeldet hatte, erteilten die BeamtInnen BAYER danach noch eine Straßensperr-Erlaubnis – und damit die Lizenz zum Aufbau des Zeltes. Die Polizei als Versammlungsbehörde stellte sie damit vor vollendete Tatsachen. Ihr blieb nach offizieller Argumentation nicht mehr zu tun übrig, als den noch übrigen Raum zu verwalten – in den Augen der Coordination ein Unding und rechtlich nicht abgesichert. Mitte Mai nun flatterte ihr ein Schrieb des OVG Münsters ins Haus. Es fragte an, ob die CBG die ganze Sache nicht auf sich beruhen lassen wolle, da der Leverkusener Multi ja vorerst sowieso nur noch virtuelle Hauptversammlungen abhalte. Dieses Begehr des Gerichts lehnte die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN allerdings ab.

    INTACTA-Klage in Brasilien

    Bereits seit Langem sieht sich BAYERs Tochter-Gesellschaft MONSANTO in Brasilien wegen ihrer Gentech-Soja INTACTA RR2 PRO Klagen gegenüber. 2017 – ein Jahr vor der Übernahme durch den Leverkusener Multi – zog der SojapflanzerInnen-Verband des Bundeslandes Mato Grosso vor Gericht. Agrosoja-MT focht nicht nur die Gültigkeitsdauer des INTACTA-Patents an, sondern zweifelte auch grundsätzlich die Berechtigung MONSANTOs an, für die Laborfrucht Schutz geistigen Eigentums zu reklamieren. Deshalb forderte die Vereinigung, den LandwirtInnen die schon gezahlten Lizenz-Gebühren zurückzuerstatten. Im Juli 2018 erreichte sie einen Etappen-Sieg. Ein Gericht trug dem Global Player auf, seine INTACTA-Einnahmen vorerst auf ein Treuhand-Konto zu überweisen. Die Organisation kämpfte aber weiter, weil ihr die Summen zu gering erschienen. 2019 erhielt sie dann Unterstützung von Verbänden zehn weiterer Bundesstaaten und im Mai 2021 durch den obersten Gerichtshof Brasiliens, der länger als 20 Jahre gültige Patente für verfassungswidrig erklärte. Dem allen konnten sich die RichterInnen im Februar 2023 nicht mehr verschließen. Sie verurteilten BAYER dazu, das Treuhand-Konto um 252 Millionen Dollar aufzufüllen. Der Agro-Riese leistete dem Folge, will aber nicht aufgeben. „Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass die ‚Intacta RR2 Pro-Technologie’ durch eine Vielzahl von geistigen Eigentumsrechten geschützt ist. Wir vertrauen darauf, dass wir uns auf diese Rechte juristisch stützen können“, bekundete der Konzern.

    BOLLGARD-Klage in Brasilien

    Auch BAYERs Gentech-Baumwolle „BOLLGARD II RR FLEX“ steht in Brasilien vor Gericht. Wie der SojapflanzerInnen-Verband Agrosoja-MT bei INTACTA (s. o.) fechtet der BaumwollpflanzerInnen-Verband AMPA des Bundesstaates Mato Grosso die Berechtigung der Schutzrechte bei BOLLGARD an. Eines dieser Patente kommt sogar in beiden Laborfrüchten zum Zuge. Nach Ansicht der Baumwoll-Vereinigung erfüllt die Laborfrucht nicht die Kriterien für eine technologische Innovation, die es braucht, um den Schutz geistigen Eigentums reklamieren zu können. Deshalb fordert sie wie Agrosoja-MT, den LandwirtInnen die schon gezahlten Lizenz-Gebühren zurückzuerstatten. Der Agro-Riese reagierte einigermaßen ungehalten auf die Patent-Nichtigkeitsklage: „Wenn der Landwirt selbst über seine Verbände BAYER wegen Patentierung verklagt, schließen wir daraus, dass der Landwirt keine Innovation will oder nicht für Innovation zahlen will, und die Reaktion von BAYER ist, nicht in Innovation zu investieren.“

    BAYER verliert erneut PCB-Prozess

    Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie. Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Ölen, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Gesundheits- und Umweltrisiko dar. Darum ist der Konzern in den USA mit einer Vielzahl von Schadensersatz-Ansprüchen konfrontiert. Allein 200 Klagen stammen von Geschädigten, die ihre Leiden auf die PCB-kontaminierten Schulgebäude des „Sky Valley Education Centers“ in Monroe zurückführen. „So viele Schüler und Lehrer mussten Sky Valley verlassen, weil sie einfach zu krank wurden“, sagt etwa Michelle Leahy, eine der PädagogInnen. Strafe und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 627 Millionen Dollar kostete das den Leverkusener Multi bis jetzt. Den letzten Prozess in der Sache verlor er im Oktober 2022. Zudem sind noch viele Verfahren anhängig, die Städte und Gemeinden angestrengt haben. Diese wollen von BAYER die Kosten ersetzt bekommen, die bei der Beseitigung der von PCBs verursachten Umweltschäden anfielen. Über 2.500 Kommunen und Gebietskörperschaften ist das bereits gelungen. So wurde im November 2022 ein Sammelvergleich rechtskräftig, der den Agro-Riesen mit 650 Millionen Dollar teuer zu stehen kam.

    ESSURE-Klage in Australien

    Vor dem Melbourner „Victorian Supreme Court“ begannen am 11. April 2023 die Verhandlungen über eine Sammelklage von mehr als Tausend Australierinnen gegen BAYER und andere Anbieter des Langzeit-Verhütungsmittels ESSURE. Die Frauen machen die kleine Spirale, deren Kunststoff-Fasern für ein so großes Wachstum des Bindegewebes sorgen sollen, dass sich der Eileiter verschließt, für zahlreiche Gesundheitsschädigungen verantwortlich. So bleibt das Medizin-Produkt allzu oft nicht an seinem Bestimmungsort; stattdessen wandert es im Körper umher und verursacht Risse an den Wänden von Organen, was zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen kann. 94 Todesfälle registrierte allein die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA. Auch äußere Blutungen, Unterleibs-, Becken- oder Kopfschmerzen, Depressionen, Angstzustände, Krämpfe, Übelkeit, Allergien, Hautausschläge und Haarausfall zählen zu den Nebenwirkungen des Mittels. Trotz alledem hält der Global Player noch immer unverbrüchlich zu der Spirale: „Wir sind zuversichtlich, dass die Beweise in diesem Fall zeigen werden, dass das Unternehmen nicht für die angeblichen Schäden verantwortlich ist.“ Beckenschmerzen und Gebärmutter-Blutungen etwa tut die Verteidigungsschrift als ganz normale Alltagsbeschwerden vieler Frauen im gebärfähigen Alter ab. „Es ist unvermeidlich, dass eine beträchtliche Anzahl dieser Frauen in jedem Fall unter einem oder beiden dieser Symptome gelitten hätte“, meinen die BAYER-JuristInnen. Auch in vielen anderen Ländern stand ESSURE schon vor Gericht. So musste der Leverkusener Multi 39.000 US-amerikanischen Betroffenen im Jahr 2020 1,6 Milliarden Dollar zahlen. 750.000 Stück setzte der Pillen-Riese weltweit von dem Medizin-Produkt ab, bis er nach Verboten und Gebrauchseinschränkungen in einigen Staaten 2017 den Markt-Rückzug einleitete. Als Gründe für die Einstellung des Verkaufs führte die Aktien-Gesellschaft jedoch nicht etwa die Risiken und Nebenwirkungen, sondern lediglich die „inadäquate und irreführende Berichterstattung über das Mittel“ sowie das abnehmende Interesse für Langzeit-Kon-trazeptiva an.

    Kein Phosphorit aus der Caldwell-Mine

    Die Gewinnung des Glyphosat-Vorprodukts Phosphorit aus den Tagebau-Minen rund um den US-amerikanischen BAYER-Standort Soda Springs belastet Mensch, Tier und Umwelt enorm (siehe auch SWB 1/23). Unter anderem gelangen dabei Schwermetalle und radioaktive Stoffe wie Uran, Radom, Radium und Selen ins Freie. Darum haben das CENTER FOR BIOLOGICAL DIVERSITY (CBD) und andere Verbände die Genehmigung zur Inbetriebnahme einer neuen Mine, die das „Bureau of Land Management“ dem Leverkusener Multi im Jahr 2019 erteilte, angefochten. Und im Januar 2023 gab ein US-Gericht der Klage gegen die Behörde und den Agro-Riesen als „Streithelfer“ statt. Der „U.S. District Court for the District of Idaho“ bescheinigte dem „Bureau of Land Management“, bei seiner Entscheidung die weiteren Konsequenzen der Phosphorit-Förderung wie die damit über Jahrzehnte fortgeschriebene umweltschädliche Weiterverarbeitung in Soda Springs und die Gefährdung von Beifußhuhn-Populationen nicht beachtet zu haben. Als Konsequenz aus diesem RichterInnen-Spruch widerrief der U.S. District Court von Idaho am 2. Juni 2023 die Genehmigung. „Wir sind mit dem Urteil gegen das US Bureau of Land Management (BLM) nicht einverstanden und prüfen unsere nächsten Schritte, zu denen auch die Einlegung von Rechtsmitteln gehören könnte“, erklärte der Leverkusener Multi daraufhin.

    Glyphosat: Neue Prozess-Strategie

    Der BAYER-Konzern hat seine Vorgehensweise bei den Entschädigungsprozessen in Sachen „Glyphosat“ geändert. Er lässt es jetzt nur noch in besonders aussichtsreichen Fällen auf Gerichtsverfahren ankommen. Der Leverkusener Multi setzt nämlich darauf, durch Entscheidungen zu seinen Gunsten potenzielle neue KlägerInnen davon abzuhalten, eine juristische Auseinandersetzung zu beginnen. Ansonsten strebt er Vergleiche mit den Betroffenen an, die Glyphosat für das Non-Hodgkin-Lymphom – eine spezielle Art des Lymphdrüsen-Krebses – verantwortlich machen. „Aktuell geht es um Abschreckung“, mit diesen Worten umreißt das Handelsblatt die Strategie. Und diese verfängt momentan. Zuletzt verbuchte der Agro-Riese sieben Freisprüche in Folge für sich. Der Pharma-Riese schreibt das neuen Studien zu, die er als Entlastungsmaterial präsentierte. Er hebt dabei besonders diejenige von Cristian Tomasetti hervor, die das Non-Hodgkin-Lymphom auf zufällige Zell-Mutationen statt auf Glyphosat zurückführt. Geschädigten-Anwälte erklären die Sieges-Serie hingegen mit der Auswahl der Prozess-GegnerInnen, bei welcher die BAYER-JuristInnen gezielt Ausschau nach anderen Risiko-Faktoren für Krebs wie etwa Übergewicht hielten. Obwohl noch rund 45.000 Klagen anhängig sind, blieb die Wirkung nicht aus. Der Ausgang der jüngsten Verfahren hielt einige Kanzleien davon ab, neue Glyphosat-MandantInnen anzunehmen und machte für das Unternehmen überdies die neuen außergerichtlichen Einigungen billiger.

    Blutskandal-Geschädigte klagen

    In den 1980er Jahren infizierten Blut-Produkte von BAYER & Co. zehntausende Bluter mit AIDS oder Hepatitis C (siehe DRUGS & PILLS). Dem Leverkusener Multi blieb daher kaum etwas anderes übrig, als sich 1995 gemeinsam mit anderen Pillen-Riesen und dem „Deutschen Roten Kreuz“ finanziell an der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ zu beteiligen. Allerdings stiegen die Unternehmen im Jahr 2018 wieder aus, und seit der Bund allein für die Unterstützung sorgt, reicht den Betroffenen das Geld hinten und vorne nicht. Einen Inflationsausgleich bekommen sie beispielsweise erst ab 2019. Mit einer Klage gegen die Stiftung wollen die Geschädigten nun erreichen, diesen auch rückwirkend für die Jahre von 1995 bis 2018 zu erhalten. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN fordert, BAYER und die anderen am Blut-Skandal beteiligten Firmen wieder in die Pflicht zu nehmen, um den Betroffenen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

    Dicamba: BAYER verklagt FarmerInnen

    Das Pestizid Dicamba, das BAYER & Co. hauptsächlich in Kombination mit ihren gen-manipulierten Pflanzen vermarkten, hinterlässt in den USA eine Spur der Verwüstung. Zahlreiche LandwirtInnen machen das Herbizid für Ernte-Schäden verantwortlich. Es bleibt nämlich nach dem Ausbringen nicht einfach an Ort und Stelle, sondern verflüchtigt sich und treibt zu Ackerfrüchten hin, die nicht per Gentechnik gegen den Stoff gewappnet sind und deshalb eingehen. 265 Millionen Dollar Schadensersatz mussten der Leverkusener Multi und BASF im Jahr 2020 dafür zahlen. Eine Zulassungsverlängerung erfolgte nur unter Auflagen. So dürfen die FarmerInnen die Produkte jetzt nur noch bis zu einem bestimmten Stichtag verwenden. Zudem verlangte die US-amerikanische „Environmental Protection Agency“ (EPA) eine Veränderung der Rezeptur, um die Agro-Chemikalie am Boden zu halten und eine Abdrift zu verhindern. Genutzt hat das alles jedoch nicht viel. 3.500 Schadensmeldungen zählte der im August 2022 von der Umweltbehörde publizierte Risiko-Bericht. Der BAYER-Konzern aber steht in Treue fest zu Dicamba und gibt stattdessen den Bauern und Bäuerinnen die Schuld an dessen Risiken und Nebenwirkungen. Er wirft ihnen vor, immer noch die alten Versionen des Pestizids zu verwenden und sich nicht an die Stichtag-Regelung zu halten. Vier LandwirtInnen hat der Agro-Riese deshalb nun sogar verklagt. UmweltaktivistInnen kritisieren dieses Ablenkungsmanöver der UnternehmensstrategInnen scharf. „Sie sehen das als eine Möglichkeit, die Verantwortung für die Abdrift-Schäden zu bestreiten“, konstatiert George Kimbrell vom CENTER FOR FOOD SAFETY.

    Dicamba: FarmerInnen verklagen BAYER

    265 Millionen Dollar Schadensersatz kosteten die Risiken und Nebenwirkungen des Herbizids Dicamba (s. o.) BAYER und BASF bereits. Aber das dürfte noch längst nicht alles sein. So zogen 57 texanischen Weinbauern und -bäuerinnen vor Gericht, weil sie das Mittel für die Zerstörung ihrer Ernten verantwortlich machen. Sie fordern 560 Millionen Dollar von den beiden Konzernen. „Mit dieser Klage wollen wir den nachweislichen Schaden aufdecken, den der Einsatz von Produkten auf Dicamba-Basis nicht nur für die Qualität der Traubenproduktion, sondern auch für unser Endprodukt, den texanischen Wein, und letztlich für die texanischen Weinkonsumenten bedeutet. Die langfristigen Auswirkungen sind noch nicht bekannt, aber zweifellos werden sie für die Weinbauern, die Winzer und unsere Verbraucher kostspielig sein“, erklärte die „Texas Wine and Grapegrowers Association (TWGGA). Zudem forderte der Verband die US-amerikanische Umweltbehörde EPA auf, Dicamba die Zulassung zu entziehen.

    Produkt-Haftung: BAYER vs. MERCK

    Im Jahr 2014 hat der BAYER-Konzern von MERCK für 10,4 Milliarden Euro die Sparte mit den nicht rezeptpflichtigen Erzeugnissen erworben. Dazu gehörten auch die – inzwischen wieder verkauften – Fußpflege-Mittel der „Dr. Scholl’s“-Serie. Und hier droht jetzt Ungemach. In einem Dr. Scholl’s-Talkumpuder fanden sich nämlich – wie in zahlreichen anderen Puder-Erzeugnissen auf dem US-Markt – Spuren von Asbest. Babypuder-Anbieter JOHNSON & JOHNSON sieht sich deshalb bereits mit Zehntausenden von Klagen konfrontiert. In Sachen „Dr. Scholl’s“ könnte es auch dazu kommen, weshalb MERCK und BAYER vor Gericht schon mal prophylaktisch um die Produkt-Verantwortung streiten. Im April 2023 erhielt der Leverkusener Multi recht. Die Richter-Innen verwiesen in ihrem Urteil auf den von beiden Unternehmen geschlossenen Kaufvertrag, der als Adressaten für alle Haftungsansprüche Produkte betreffend, die vor dem Deal produziert wurden, eindeutig MERCK ausweise. So ein Passus fehlte offensichtlich in BAYERs MONSANTO-Vertrag, sonst hätte der Global Player das milliarden-schwere Glyphosat-Problem nicht.

  • Ticker 02/2023

    AKTION & KRITIK

    CBG bei Friedensdemo

    Um den Jahrestag des Ukraine-Krieges herum fanden in über 150 deutschen Städten Friedensdemonstrationen statt. Die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) ging in Köln auf die Straße, wo rund 1.500 Menschen dem Aufruf des KÖLNER FRIEDENSFORUMS: „Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg – Waffenexporte stoppen, Waffenstillstand und Friedensverhandlungen jetzt!“ folgten. Zum Auftakt sprach Margot Käßmann, die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche. Darüber hinaus hielten unter anderem Karl-Wilhelm Koch von der UNABHÄNGIGEN GRÜNEN LINKEN, Matthias Engelke vom INTERNATIONALEN VERSÖHNUNGSBUND und Peter Köster von der IG BAU Reden. Zudem wurden Grußworte von russischen und ukrainischen KriegsgegnerInnen verlesen.

    CBG beim Klimastreik

    Am 3. März 2023 beteiligte sich die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) in Leverkusen am Klimastreik, der dieses Mal mit dem ver.di-Streik der Bus- und BahnfahrerInnen fusionierte, um die Wichtigkeit einer Verkehrswende für die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen zu betonen. Die Blockade-Politik von Wissing & Co. stand deshalb auch im Mittelpunkt der meisten Reden, die unter anderem AktivistInnen von ver.di, BUND, FRIDAYS FOR FUTURE, der Partei „Die Linke“ und von PARENTS FOR FUTURE hielten. Aber CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann sorgte dann dafür, darüber den größten ortsansässigen Klimasünder – den BAYER-Konzern – nicht aus den Augen zu verlieren. Auf nicht weniger als drei Millionen Tonnen Treibhaus-Gase kam das Unternehmen im Jahr 2022. Auf diese Weise trug der Agro-Riese mit dazu bei, den von der Energie-Erzeugung verursachten globalen CO2-Ausstoß auf die neue Rekordmarke von 36,8 Milliarden Tonnen zu treiben, so Stelzmann. Die Folgen zeigten sich ihm zufolge 2023 schon ungewöhnlich früh mit Dürren in Frankreich und Italien durch den Schnee-Mangel in den Alpen. Alles andere als schöne Aussichten für den Sommer. Und eine Klimawende zeichnet sich weniger denn je ab. Stattdessen gibt es Rückschritte. Im Zuge des Ukraine-Krieges konnten Kohle und Gas ein Comeback feiern. Darum mahnte der CBGler am Ende seines Beitrages: „Die Klimabewegung muss auch eine Friedensbewegung sein!“

    In Sachen „Verschickungskinder“

    Acht bis zwölf Millionen Kinder und Jugendliche gehörten von den 1950er bis 1970er Jahren zu den Verschickungskindern, die in Einrichtungen wie dem „Seehospiz ‚Kaiserin Friedrich’ Norderney“ Kuren absolvierten. Den Verschreibungen lagen konkrete medizinische Indikationen zugrunde oder aber auch nur vage Diagnosen wie Erholungsbedürftigkeit, Entwicklungsrückstände oder „Milieuschäden“. Fast alle Häuser unterwarfen ihre Schützlinge einem unerbittlichen Regime aus körperlicher und seelischer Gewalt. So wurden Untergewichtige zur Nahrungsaufnahme gezwungen, und wenn ihnen der Mageninhalt wieder hochkam, mussten sie auch noch ihr Erbrochenes essen. Die Verabreichung von sedierenden Medikamenten gehörte ebenfalls zum Reservoir. Dabei fanden nicht zuletzt BAYER-Mittel Verwendung. ATOSIL mussten schon Dreijährige schlucken, ungeachtet der Tatsache, dass die Zulassung nur für Erwachsene mit einer diagnostizierten neurologischen Störung galt. Sogar junge AsthmatikerInnen erhielten ATOSIL-Gaben, obwohl diese Erkrankung eigentlich ein Ausschluss-Kriterium für die Anwendung darstellt. Dementsprechend verursachte das Präparat bei nicht wenigen Verschickungskindern Langzeit-Schäden, die eine Frühverrentung unvermeidlich machten. Die Epilepsie-Arzneien LUMINAL und LUMINETTEN nutzten die Kurheime ebenfalls zu dem, was einige WissenschaftlerInnen „unsichtbare Fixierung“ nennen. Damit nicht genug, führten MedizinerInnen dort auch Pharma-Tests durch. So erprobte etwa Dr. Walter Goeters im Seehospiz von Norderney BAYERs Entwurmungsmittel UVILON an 42 jungen ProbandInnen. Die Praktiken in Norderney und anderswo ähnelten denen in Heimen und Kinder- und Jugendpsychiatrien, in die der Leverkusener Multi mit seinen Pharmazeutika ebenfalls involviert war. Die nordrhein-westfälischen CDU-Politikerinnen Christina Schulze Föcking und Charlotte Quik haben in der Sache nun einen Brief an die Bundesfamilienministerin Lisa Paus von der Grünen geschrieben und Handlungsbedarf angemahnt: „Wir fordern Sie auf, sich als Bund ihrer Verantwortung zu stellen, die Betroffenen zu unterstützen und sich einer politischen und wissenschaftlichen Aufarbeitung nicht zu verschließen.“

    Offener Brief: Kyriakides antwortet

    Am 15. Dezember 2022 lief die Glyphosat-Genehmigung aus. Doch die Europäische Union schaffte es nicht, die für eine erneute Zulassung nötigen Risiko-Bewertungen fristgerecht vorzunehmen. Deshalb ließ sie das BAYER-Pestizid trotz nicht abgeschlossener Sicherheitsprüfung noch einmal eine einjährige Ehrenrunde drehen. „Technische Verlängerung“ hieß das Mittel der Wahl. Dieser Verstoß gegen den Leitsatz des vorbeugenden VerbraucherInnenschutzes löste eine Welle des Protests aus. So forderte das „Ban-Glyphosate“-Bündnis, dem die COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN angehört, die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides in einem Offenen Brief auf, das Herbizid wegen seiner umfassend belegten Risiken und Nebenwirkungen für Mensch, Tier und Umwelt umgehend aus dem Verkehr zu ziehen. Dem verweigerte sich Kyriakides jedoch. In ihrem Antwort-Schreiben bedauerte sie zwar die Verzögerung, sah aber keinen Grund für einen sofortigen Bann. Dabei verwies die Zypriotin auf den „Ausschuss für Risiko-Bewertung“ (RAC) der europäischen Chemikalien-Agentur ECHA, der in dem laufenden Verfahren bereits sein Urteil abgegeben hat und laut Kyriakides zu dem Schluss kam, „dass Glyphosat auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse die Kriterien für eine Einstufung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend nicht erfüllt“. Und was die von „Ban-Glyphosate“ in dem Brief erwähnten neuen Studien zu den kanzerogenen Effekten des Herbizides anging, so versicherte die Gesundheitskommissarin, diese wären Teil des Prüfverfahrens.

    PAN kritisiert BfR

    Das „Bundesinstitut für Risiko-Bewertung“ (BfR) unterstützt die Industrie bei ihrer Ablehnung der Chemikalien-Strategie der EU (siehe POLITIK & EINFLUSS). Nach Ansicht des BfR braucht es kein strengeres Regulationsregime, das vorhandene Instrumentarium reiche völlig aus. „Die ‚EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit’ stellt die regulatorische Toxikologie, wie wir sie kennen, in Frage: Ist sie auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgebaut?“, überschrieben BfR-MitarbeiterInnen ihren in den Archives of Toxicology veröffentlichten Fachaufsatz und gaben eine eindeutige Antwort: Nein. Stattdessen singen sie ein Loblied auf die gängigen Verfahren. „Auch wenn dies von den Medien und der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird, hat die Umsetzung eines komplexen und voneinander abhängigen Systems von Vorschriften für chemische Stoffe, einschließlich Industriechemikalien, Pflanzenschutzmittel, Biozide oder Chemikalien in Lebens- und Futtermitteln, die toxikologischen Risiken minimiert und die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung in der EU kontinuierlich verbessert“, halten sie fest. Dem widersprechen Dr. Peter Clausing vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) und Professor Erik Millstone von der Universität Sussex im European Journal of Risk Regulation vehement. Anders als die BfR-AutorInnen behaupten, habe die Zahl der Neugeborenen mit Anomalien zugenommen, so Millstone und Clausing. Zudem verweisen sie auf die abnehmende Fruchtbarkeit. Wegen solcher und anderer Phänomene besteht ihrer Meinung nach sehr wohl Handlungsbedarf im EU-Regelwerk zum Umgang mit chemischen Stoffen, vor allem was die Kombinationswirkungen sowie die Effekte auf das Hormonsystem und die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen angeht.

    KONZERN & VERGANGENHEIT

    MEGAPHEN & Co. in LVR-Einrichtungen

    Der Historiker Frank Sparing hat im Auftrag des Landesverbandes Rheinland (LVR) eine Studie zu Arznei-Verordnungen und Medikamententests in der Rheinischen Landesklinik für Jugendpsychia-trie Süchteln erstellt. Als Basis diente eine Stichprobe von 141 PatientInnen-Akten. Der Autor traf dabei auf „eine großzügige und wenig kritische Versorgungspraxis“, „die es lange Zeit für geboten hielt, verhaltensauffällige oder pflege-aufwendige Kinder mit Medikamenten ruhigzustellen“. Rund die Hälfte der PatientInnen erhielt regelmäßig Psychopharmaka. Dabei kamen Präparate des BAYER-Konzerns massenhaft zum Einsatz – wie in anderen bundesdeutschen Einrichtungen auch (SWB berichtete mehrfach). So standen die Hypnotika und Sedativa ADALIN (Wirkstoff: Carbromal), EVIPAN (Hexobarbital), LUMINAL (Phenobarbital) sowie die Neuroleptika AOLEPT (Periciacin), ATOSIL (Promethazin-HCI) und NEUROCIL (Laevomepromazin) auf der Verordnungsliste. Medikamenten-Tests widmete sich Sparing nur kurz. Er untersuchte lediglich zwei Erprobungen von Mitteln des Herstellers JANSSEN detaillierter. Genaueren Aufschluss darüber, welches Ausmaß die Arznei-Prüfungen in nordrhein-westfälischen Institutionen hatten und wie flächendeckend die Kinder- und Jugendpsychiatrien AOLEPT & Co. verabreichten, dürfte erst die für 2024 angekündigte Forschungsarbeit der Universität Düsseldorf unter Leitung von Heiner Fangerau geben.

    POLITIK & EINFLUSS

    Abschied vom alten Kontinent

    Der BAYER-Konzern kündigte an, den Schwerpunkt seines Arznei-Geschäfts künftig in die Vereinigten Staaten und nach China zu verlegen, weil dort bessere Profit-Aussichten locken. „Die europäischen Regierungen versuchen, Anreize für Forschungsinvestitionen zu schaffen, aber auf der kommerziellen Seite machen sie uns das Leben schwer“, sagte BAYERs Pharma-Chef Stefan Oelrich der Financial Times am Rande der „JP MORGAN Healthcare Conference“ in San Francisco. Dabei hatte er neben dem „Gesetz zur Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“, das die Porto-Kasse des Konzerns unter anderem mit einer befristeten Erhöhung des Hersteller-Rabatts belastet, vor allem eine neue englische Regelung im Blick. Dort bittet der Staat Big Pharma traditionell zur Kasse, wenn die jährlichen Medikamenten-Ausgaben des „National Health Service“ um mehr als zwei Prozent steigen. Und im Jahr 2022 lagen die Aufwendungen in Folge der Corona-Pandemie deutlich über dieser Schwelle, weshalb BAYER & Co. Rabatte in Höhe von 26,5 Prozent einräumen mussten. „[S]ignifikante Einschnitte“ nannte Oelrich das. Darum kündigte er einen Abschied vom alten Europa an: „Wir verlagern unseren kommerziellen Fußabdruck und die Ressourcen für unseren kommerziellen Fußabdruck deutlich weg von Europa.“ In den USA sieht der Manager dagegen das Land mit den unbeschränkten Arzneipreis-Möglichkeiten, während er China für das gute Innovationsklima lobte. Allerdings führt auch das Gesundheitsministerium in Peking harte Verhandlungen um Kosten-Senkungen mit den Pillen-Riesen. Von einem „Preisdruck auf die Pharma-Industrie“ sprach deshalb BAYERs Ober-Lobbyist Matthias Berninger. Und der US-amerikanische „Inflation Reduction Act“ setzt den Rendite-Aussichten der Unternehmen ebenfalls Grenzen (s. u.).

    BAYER & Co. kritisieren Biden

    In seiner am 7. Februar 2023 gehaltenen Rede zur Lage der Nation verteidigte US-Präsident Joe Biden noch einmal die mit dem „Inflation Reduction Act“ eingeleiteten Maßnahmen zur Reduktion der Arznei-Kosten. „Big Pharma hat den Menschen zu Unrecht Hunderte von Dollar abverlangt – und Rekord-Profite gemacht“, hielt Biden fest. „Jetzt nicht mehr“, fuhr er dann fort und legte dar, wie seine Regierung gegensteuert. So müssen Mitglieder von Medicare, der staatlichen Krankenversicherung für Senioren, jetzt für Insulin monatlich nur noch 35 Dollar zahlen und sich an den jährlichen Gesamtkosten für ihre Arznei-Versorgung bloß noch mit höchstens 2.000 Dollar beteiligen. Zudem berechtigt die Biden-Administration Medicare zu Verhandlungen mit den Pillen-Riesen über die Arznei-Preise und verlangt Rabatte, wenn diese schneller steigen als die Inflationsrate. Das US-Pendant zu dem von BAYER gegründeten „Verband der Forschenden Arzneimittel-Hersteller“, der „Pharmaceutical Research and Manufacturers of America“ (PhRMA), reagierte prompt. „Die staatlichen Preisfestsetzungsbestimmungen in dem Gesetz zwingen die Unternehmen zu schwierigen Entscheidungen, einschließlich der Verlagerung des Schwerpunkts weg von bestimmten Arten von Medikamenten und der Entmutigung der Forschung, die nach der Erstzulassung eines Medikaments stattfindet“, klagte der PhRMA.

    Scholz & Giffey bei BAYER

    Im Vorfeld der Wahlen zum Berliner Abgeordneten-Haus besuchten die SPD-Kandidatin Franziska Giffey und Bundeskanzler Olaf Scholz den Berliner BAYER-Standort. Im Zuge dessen sicherten die beiden PolitikerInnen dem Leverkusener Multi ein schnelles Genehmigungsverfahren für das in Kooperation mit der Charité geplante Zentrum für Gen- und Zelltherapie zu. Als Beleg dafür, dass Deutschland in Sachen „Technologie und Wissenschaft“ immer vorne mit dabei ist, feierte es Scholz. Darum flossen auch schon reichlich Subventionen. Der Bund fördert den Bau mit 44 Millionen Euro und Berlin mit fünf Millionen. Pharma-Chef Stefan Oelrich zeigte sich über die Aussicht auf einen baldigen Beginn der Arbeiten hocherfreut. „Wenn es uns gelingen sollte, einen Spatenstich in diesem Jahr für dieses Zentrum zu setzen, dann wäre das sicherlich Deutschlandtempo“, frohlockte er und zog ein positives Resümée der Visite. Oelrich, der drei Wochen zuvor noch kein gutes Haar am Arznei-Standort Deutschland gelassen hatte (s. o.), ließ sich mit den Worten zitieren: „Wir haben uns sehr über den heutigen Besuch von Olaf Scholz zusammen mit Franziska Giffey und ihr Interesse an unserem Unternehmen gefreut. Die Pharma-Industrie befindet sich inmitten eines enormen Wandels. Bahnbrechende Innovationen haben das Potenzial, Leben zu verändern und zu retten. Um diese Innovationen schneller in Produkte umsetzen zu können, ist die gute Kooperation aller Beteiligter wie der Industrie, der regulatorischen Behörden und der Politik notwendig.“

    Scholz bekennt sich zur Chemie

    Bundeskanzler Olaf Scholz hat BAYER & Co. seinen Beistand versichert. Wir wollen, dass Deutschland Chemie-Standort bleibt und dass wir gleichzeitig eine CO2-neutrale Zukunft haben“, sagte er. Und der Sozialdemokrat kündigte auch gleich ein neues Instrument zur Standort-Pflege an. „Wir werden dafür sorgen, dass es ein ganz spezielles Format gibt, wo wir über die Zukunft der chemischen Industrie sprechen “, so Scholz.

    Scholz bekennt sich zu Pharma

    Bei einem Besuch des Marburger BIONTECH-Standortes versprach Bundeskanzler Olaf Scholz der ganzen Branche seine Unterstützung. „[S]chnellere Genehmigungsverfahren, das gilt für Fabriken, aber genauso für neue Medikamente, für Forschungsvorhaben, aber auch für die Nutzung von Daten, wenn es um Forschung geht“, stellte er in Aussicht. „Da wollen wir jetzt in ganz kurzer Zeit mit vielen sehr konkreten Gesetzes-Vorhaben dazu beitragen, dass die pharmazeutische Industrie, dass die Medizin-Industrie in Deutschland, dass die ganze Gesundheitsökonomie Fortschritte macht“, so der SPD-Politiker.

    BAYER & Co. gegen REACH-Verschärfung

    Im Herbst 2020 stellte die Europäische Union als Teil des „Green Deals“ die Chemikalien-Strategie für Nachhaltigkeit vor, die beabsichtigt, „den Schutz von Mensch und Umwelt vor gefährlichen Chemikalien zu erhöhen“. Besonders im Blick hatte die EU dabei hormon-ähnlich wirkende Produkte – sogenannte endokrine Disruptoren – wie etwa bestimmte Pestizide des Leverkusener Multis, schwer abbaubare sowie krebserregende Stoffe. Im Zuge dessen kündigte Brüssel für Ende 2022 auch eine Verschärfung der REACH-Verordnung an, welche die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Anwendungsbeschränkungen von chemischen Substanzen regelt. Daraus wurde allerdings nichts. BAYER & Co. nutzten die Ungunst der Stunde und verwiesen auf die durch den Ukraine-Krieg entstandenen ökonomischen Turbulenzen, um auf eine Verschiebung des Vorhabens zu drängen. Dies erreichte die Industrie denn auch, womit sie sich jedoch nicht zufriedengibt. Die Unternehmen halten REACH in der jetzigen Form für völlig ausreichend und wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. „Europa hat mit REACH bereits das weltweit umfassendste und strengste Chemikalien-Reglement“, meint etwa Michael Lulei vom „Verband der Chemischen Industrie“. Und dessen europäisches Pendant CEFIC warnt vor Umsatz-Verlusten von mindestens zwölf Prozent und damit einhergehenden Arbeitsplatz-Vernichtungen durch ein REACH 2.0. Unterstützung erhielten die Konzerne bei ihren Lobby-Aktivitäten vom „Bundesinstitut für Risiko-Bewertung“ (BfR), das schon in Sachen „Glyphosat“ in Treue fest zu BAYER gehalten hatte. MitarbeiterInnen des BfR sprachen der Chemikalien-Strategie in einem Fachaufsatz die wissenschaftliche Grundlage ab und plädierten für ein einfaches „Weiter so“, was auf massive Kritik unter anderem des PESTIZID AKTIONS-NETZWERKS (PAN) stieß (siehe AKTION & KRITIK).

    Export-Verbot auf der langen Bank

    Mit Verweis auf die ökonomischen Belastungen in Folge des Ukraine-Kriegs gelang es BAYER & Co., die Europäische Union dazu zu bewegen, viele Projekte zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt vorerst von der Agenda zu nehmen. So verschwand das Vorhaben, den Agro-Riesen die Ausfuhr von innerhalb der EU nicht zugelassenen Pestiziden zu untersagen, vom Arbeitsplan der EU-Kommission für das Jahr 2023. Die grüne EU-Parlamentarierin Grace O’Sullivan wollte von Umwelt-Kommissar Virginijus Sinkevičius nun wissen, wie es in der Causa weitergeht. Dieser versicherte, Brüssel sehe sich nach wie vor in der Pflicht, „sicherzustellen, dass gefährliche Chemikalien, die in der Europäischen Union verboten sind, nicht für den Export hergestellt werden“. Aber bis die EU dieser nachkommt, dürfte noch einige Zeit verstreichen. Sie will nämlich erst einmal eine Studie zum Ausfuhr-Bann in Auftrag geben und auf deren Basis dann eine Folgeabschätzung über die Vor- und Nachteile eines Verbots erstellen. Zudem plant die Union noch eine öffentliche Konsultation zu dem Thema.

    DRUGS & PILLS

    XARELTO-Nebenwirkung Hautausschlag

    BAYERs Gerinnungshemmer XARELTO mit dem Wirkstoff Rivaroxaban hat gefährliche Nebenwirkungen wie z. B. Blutungen. Im Herbst 2022 hat die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA Hinweise auf einen weiteren unerwünschten Pharma-Effekt bekommen. ÄrztInnen meldeten bei XARELTO-PatientInnen Fälle von Pemphigoid, einer Autoimmun-Krankheit, die zu Blasen auf der Haut führt. Darum forderte der EMA-Ausschuss für Risiko-Bewertung den BAYER-Konzern auf, das Präparat mit Blick auf diese Gesundheitsstörung unter genauere Beobachtung zu stellen.

    Neue STIVARGA-Nebenwirkung?

    BAYERs Krebsmedikament STIVARGA mit dem Wirkstoff Regorafenib kommt als Mittel der 2. Wahl zur Behandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs sowie zur Therapie von GIST – einer bestimmten Art von Verdauungstrakt-Tumoren – zur Anwendung. Bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA gingen jetzt Meldungen über Fälle von thrombotischer Mikroangiopathie unter STIVARGA ein, eine Erkrankung, bei der es zu Blutgerinnseln in den kleinsten Blutgefäßen kommt. Dies kann zu massiven Durchblutungsstörungen und in der Folge zum Tod der PatientInnen führen. Der EMA-Ausschuss für Risiko-Bewertung hat BAYER deshalb dazu aufgefordert, genauere Informationen zu dieser Nebenwirkung zu liefern.

    Erweiterte KERENDIA-Zulassung

    Die BAYER-Arznei KERENDIA (Wirkstoff: Finerenon) kommt bei schweren Nieren-Erkrankungen, die infolge einer Diabetes auftreten, zur Anwendung. Im Dezember 2022 hat die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA einen Einsatz auch bei leichteren Fällen empfohlen. Das industrie-unabhängige arznei-telegramm spricht sich gegen die Entscheidung aus. Das Fachblatt vermisst überzeugende Belege für positive Effekte auf die Nieren und das Herz/Kreislauf-System. Darüber hinaus verweist es darauf, dass die KDIGO – eine Fachorganisation für Nieren-Krankheiten – nur eine schwache Empfehlung für das Präparat ausgesprochen hat. Überdies macht die Publikation auf das Risiko eines erhöhten Kalium-Spiegels durch die Einnahme von KERENDIA aufmerksam.

    RESOCHIN erhöht das Suizid-Risiko

    Das BAYER-Präparat RESOCHIN mit dem Wirkstoff Chloroquin ist zur Behandlung von Autoimmun-Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis sowie zur Malaria-Prophylaxe zugelassen. Eine Zeitlang galt es zudem als Wundermittel gegen Covid-19. Im Zuge dessen häuften sich die Anwendungen massiv – und entsprechend auch Nebenwirkungen. So traten psychische Störungen gehäuft auf. Darüber hinaus setzten sich die RESOCHIN-NutzerInnen einer erhöhten Suizid-Gefahr aus. Darum schritt der Ausschuss für Risiko-Bewertung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA ein und verlangte vom Leverkusener Multi und den anderen Herstellern, auf den Packungsbeilagen verstärkt vor diesen unerwünschten Arznei-Effekten zu warnen.

    BAYER die deutsche Nr. 1

    Im Jahr 2022 machte der BAYER-Konzern mit seiner Pharma-Sparte einen Umsatz von 20,7 Milliarden Dollar. Damit ist er die Nr. 1 in Deutschland vor BOEHRINGER INGENHEIM (19 Milliarden) und BIONTECH (17,6 Milliarden) und die Nr. 16 der ganzen Erde. Auf einen Weltmarkt-Anteil von 1,8 Prozent kommt der Pillen-Riese. Allerdings wächst der Abstand zur globalen Top 10. Betrug dieser zu Beginn des letzten Jahrzehnts noch sechs Milliarden Dollar, so beläuft er sich mittlerweile auf zwölf Milliarden.

    Deal mit TAVROS

    Die BAYER-Tochter VIVIDION sucht mit Hilfe neuer Technolo-gien Proteine, die eine Rolle bei der Entstehung von Krankheiten spielen und deshalb als therapeutische Ansatz-Punkte in Frage kommen. Sie setzt beim Aufspüren dieser „Targets“ jedoch auch auf Kooperationen. So hat die Gesellschaft im Oktober 2022 einen Deal mit TAVROS vereinbart. Sie zahlt der US-Firma sofort 17,5 Millionen Dollar und noch einmal Erfolgsprämien von bis zu 430 Millionen Dollar, sollten aus der Kooperation vier marktreife Krebsmittel erwachsen. Überdies stellte VIVIDION für fünf weitere Tumor-Medikamente noch einmal bis zu 482 Millionen Dollar in Aussicht.

    AGRO & CHEMIE

    Sterbehilfe wg. Glyphosat-Vergiftung

    Gilberto Avila hatte als Angehöriger der kolumbianischen Anti-Drogenpolizei in den 1990er Jahr an Einsätzen teilgenommen, in denen Glyphosat von Flugzeugen aus auf Koka-Felder niederging, um die Ernten zu vernichten. Das blieb nicht ohne Folgen für seine Gesundheit. Er zog sich Parkinson als Berufskrankheit zu. Da dieses Leiden bei ihm zu einer fast vollständigen Lähmung führte, nahm der Beamte Sterbehilfe in Anspruch. Vorher aber forderte er noch in eindringlichen Worten, die Menschen besser vor dem Herbizid zu schützen: „Ich will nicht, dass Glyphosat weiter Leben wie das meine tötet.“

    Kein Glyphosat mehr auf Koka-Feldern

    Als eine seiner ersten Amtshandlungen verkündete der neugewählte kolumbianische Präsident Gustavo Petro im August 2022 ein Ende des „War on Drugs“ und bereitete damit auch der Zerstörung von Koka-Felder durch das Besprühen mit Glyphosat ein Ende, das Mensch, Tier und Umwelt extremen Gift-Lasten ausgesetzt hatte (s. o.). Gleichzeitig leitete er eine Kehrtwende in der Drogen-Politik ein, die nicht mehr auf Gewalt und Kriminalisierung der Koka-PflanzerInnen gründet und ihnen stattdessen Alternativen zum Anbau dieser Gewächse bieten will.

    Glyphosat-Bann in Guernsey

    Die britische Kanal-Insel Guernsey hat den Verkauf von Glyphosat-Produkten für den Privat-Gebrauch ab dem Januar 2023 untersagt, um die Tierwelt und die Wasser-Reservoirs zu schützen. Zu einem Total-Verbot konnten sich die PolitikerInnen allerdings aus Furcht, damit gegen Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) zu verstoßen, nicht entschließen.

    Glyphosat-Bann in Misiones?

    Die argentinische Provinz Chubut hat bereits im Jahr 2019 einen Glyphosat-Stopp beschlossen. Jetzt versucht es ihr das im Nordosten des Landes gelegene Misiones gleichzutun. Dort aber spielt die Landwirtschaft wirtschaftlich eine größere Rolle, und viele Bauern und Bäuerinnen wenden sich gegen die Pläne des „Natural Ressource Commitees“. Deshalb ist der Ausgang ungewiss.

    Glyphosat schädigt das Nervensystem

    Die spanischen WissenschaftlerInnen Carmen Costas-Ferreira und Rafael Durán von der Universidade de Vigo haben neue Studien zur Wirkung von Glyphosat auf das Nervensystem durchgearbeitet und bei ihrer Literatur-Recherche weitere Belege für das Gefährdungspotenzial des Herbizids gefunden. „Die vorliegenden Informationen deuten darauf hin, dass die Exposition gegenüber Glyphosat oder seinen kommerziellen Formulierungen mehrere neurotoxische Effekte hervorruft“, lautet das Resümée der beiden ForscherInnen. Eine besondere Gefahr stellt das Ferreira und Durán zufolge für Säuglinge, Kinder und Jugendliche dar, denn das Pestizid vermag die Zellentwicklung in frühen Lebensstadien empfindlich zu beeinträchtigen. So stört es beispielsweise die Signalwege der Neuronen, was zu Entzündungen von Nervengewebe und Zell-Schäden führen kann – und das alles schon in Dosen, die unter den derzeit gültigen Grenzwerten liegen.

    Fehlende Glyphosat-Studien zu DNT

    Pestizide und andere Stoffe können das sich noch in der Entwicklung befindliche Nervensystem von Embryos, Babys und Kindern schädigen. Tests geben Aufschluss über diesen als Entwicklungsneurotoxizität (DNT) bezeichneten Effekt. Die Europäische Union verlangt bei ihren Genehmigungsverfahren von BAYER & Co. allerdings keine Informationen zu dieser potenziellen Nebenwirkung. Die beiden schwedischen WissenschaftlerInnen Axel Mie und Christina Ruden betrachten das in einem Aufsatz, der in dem Fachmagazin Environmental Health erschienen ist, als ein großes Manko. Deshalb fordern sie die EU auf, die Regulierungsbestimmungen entsprechend zu ändern und verweisen dabei explizit auch auf die Glyphosat-Studie von Carmen Costas-Ferreira und Rafael Durán (s. o.). Überdies plädieren sie dafür, künftig keine von der Industrie finanzierten Untersuchungen mehr in die Zulassungsprozesse einzubeziehen.

    Studie bekräftigt Krebs-Verdacht #1

    Bei oxidativem Stress entstehen in den Zellen hochreaktive Moleküle, was die DNA schädigen und Krebs auslösen kann. Und eben diesen oxidativen Stress vermag Glyphosat hervorzurufen. Zwölf US-amerikanische WissentschaftlerInnen vom „National Institute of Health“ und den „Centers for Disease Control and Prevention“ fanden bei Menschen mit erhöhten Glyphosat-Werten im Urin vermehrt Indikatoren für diese Stoffwechsel-Störung. „Mit dieser Studie wachsen unsere Erkenntnisse darüber, dass Glyphosat das Potenzial hat, Krebs zu verursachen“, resümiert die Forscherin Linda Birnbaum. Den Auftrag zu der Arbeit, die Teil der größer angelegten „Agricultural Health Study“ über die Langzeit-Auswirkungen von Pestiziden auf die Gesundheit von LandwirtInnen ist, erhielten sie und ihre KollegInnen vom „National Cancer Institute“ und dem „National Institute of Environmental Health Sciences“. Auch die US-amerikanische Umweltbehörde EPA beteiligte sich. Nach Meinung der Zwölf sind die Resultate ihrer Untersuchung für die Zulassungsbehörden relevant. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA will diese dann auch im Rahmen der Entscheidung über die Glyphosat-Zulassungsverlängerung auswerten, wie sie gegenüber der britische Zeitung The Guardian erklärte. BAYER hingegen versucht, die Ergebnisse kleinzureden. „Der erhöhte oxidative Stress, der in der Studie festgestellt wurde, könnte durch eine beliebige Anzahl von Faktoren verursacht worden sein, die nicht mit Glyphosat in Verbindung stehen“, verlautete aus der Konzern-Zentrale. Darüber hinaus stieß der Global Player – wie immer, wenn ihm ein Ergebnis nicht passt – auf angebliche methodische Mängel.

    Studie bekräftigt Krebs-Verdacht #2

    Durch genotoxische, also erbgut-schädigende Wirkungen von Pestiziden kann es zu einer unkontrollierten Zell-Vermehrung und in der Folge zu Tumor-Bildungen kommen. Hinweise auf diesen Effekt bei Glyphosat gingen Charles Benbrook, Robin Mesnage und William Sawyer nach. Sie sichteten Studien dazu und werteten die Untersuchungen aus. Ergebnis: 24 der 33 Arbeiten bescheinigten dem Herbizid Genotoxizität.

    BAYER: Glyphosat nicht neurotoxisch

    In letzter Zeit erschienen immer mehr Untersuchungen, die Glyphosat eine das Nervensystem schädigende Wirkung bescheinigten (s. o.). Das machte BAYER & Co. im Hinblick auf die für 2023 anstehende Entscheidung der EU über die Zulassungsverlängerung nervös. Also beauftragte die „Glyphosate Renewal Group“ zwei WissenschaftlerInnen mit einer Entlastungsstudie. Virginia C Moser vertiefte sich mit drei KollegInnen in die Literatur und lieferte das bestellte Ergebnis ab: „Zusammengenommen zeigen diese Studien keine konsistenten Auswirkungen von Glyphosat auf die Struktur oder Funktion des Nervensystems von Säugetieren.“ Diejenigen Arbeiten, die das doch taten, hatten die willigen WissenschaftlerInnen vorher wohlweislich „aufgrund kritischer methodischer Mängel“ aussortiert.

    BAYERs neue Glyphosat-Studie

    Das auf Umwelt- und Landwirtschaftsfragen spezialisierte Beratungsunternehmen RSK ADAS LTD. ist in Gestalt von Sarah Wynn stets zu Diensten, wenn es gilt, den Ruf von Glyphosat zu retten. Mit der Transparenz nimmt Wynn es dagegen nicht so genau. So verschwieg sie bei „Studien“ aus dem Jahr 2010 und 2014, die im Falle eines Verbots von Glyphosats schlimme Folgen für den Landwirtschaftssektor in Großbritannien prophezeiten, den Auftraggeber MONSANTO. Das erhöhte deren Gebrauchswert enorm: Die Agro-Lobby nutzte die Arbeiten 2017 im Vorfeld der EU-Entscheidung über die Zulassungsverlängerung für das Herbizid exzessiv. Ein solcher Entscheid steht für 2023 erneut an, und wieder ist Sarah Wynn im Einsatz. Diesmal offen von BAYER bezahlt und unterstützt von der „Glyphosate Renewal Group“, entwarf sie ein Horror-Szenario zu Europa ohne Glyphosat. Sie kam im Gewand einer „Folgeabschätzung über das Fehlen von Glyphosat innerhalb der EU“ daher und bediente sich zahlreicher Schock-effekte: Ernte-Ausfälle, Verschlechterung der Boden-Qualität, wachsender Kohlenstoffdioxid-Ausstoß, erhöhter Maschinen-Einsatz, Schädigung der Artenvielfalt und dergleichen mehr. Das dürfte seine Wirkung auch diesmal nicht verfehlen.

    Glyphosat in Haferflocken

    Die Zeitschrift Öko-Test untersuchte im Oktober 2022 Haferflocken und fand in sechs von 29 Sorten Pestizid-Rückstände. Viermal stießen die WissenschaftlerInnen dabei auf Spuren von Glyphosat und zweimal auf solche von Chlormequat.

    Glyphosat in Nudeln

    Das schweizerische Magazin K-tipp hat 18 italienische Nudel-Produkte auf Glyphosat-Spuren untersuchen lassen. Von den 13 konventionellen Sorten enthielten zehn – unter den aktuellen Grenzwerten bleibende – Rückstände des Pestizids. In den fünf Bio-Fabrikaten konnten die WissenschaftlerInnen keinerlei Glyphosat-Reste entdecken.

    Die AfD sorgt sich um Glyphosat

    Ende 2023 steht die EU-Entscheidung über die Glyphosat-Zulassungsverlängerung an. Die Ampelkoalition hat überdies angekündigt, alle juristischen Möglichkeiten zu prüfen, um das Herbizid auch im Falle eines positiven Votums nicht mehr auf die hiesigen Äcker zu lassen. Deshalb sorgt sich die AfD um die Zukunft des Pestizids und gibt dem in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung Ausdruck. Gestützt auf die Argumente von BAYER & Co. verweist die Partei dabei auf die angeblichen Qualitäten des Mittels. So will sie positive Auswirkungen auf die Boden-Qualität ausgemacht haben, weil Glyphosat das Pflügen ersetzt, was überdies den Kohlendioxid-Ausstoß senke. Die Ampel-Koalition teilte dieses Argument nicht. Sie blieb bei ihrer Haltung: „Nach Auffassung der Bundesregierung ist die mehrfache mechanische Bearbeitung des Bodens, soweit erforderlich, einer Anwendung eines glyphosat-haltigen Herbizids vorzuziehen.“ Auch das Argument, das Pestizid steigere den Wasser-Gehalt der Böden, lässt sie nicht gelten. Untersaaten und Zwischenfrüchte könnten eventuelle negative Effekte einer zu großen Durchmischung der Erde auffangen, heißt es in der Antwort. Und höhere Kosten durch den Wegfall von Glyphosat sehen SPD, Grüne und FDP ebenfalls nicht auf die LandwirtInnen zukommen.

    Pestizide stören Bestäubung

    Zwischen Pflanzen und ihren Bestäubern bildet sich ein elektrisches Feld, weil die Gewächse leicht negativ und die Tiere leicht positiv geladen sind. Hummeln vermittelt die jeweilige Beschaffenheit des Feldes Informationen über den Bestäubungsstatus der Gewächse. Pestizide wie Imidacloprid (Wirkstoff u. a. von BAYERs im Jahr 2018 EU-weit verbotenem GAUCHO) aber stören diesen Prozess, wie WissenschaftlerInnen der „University of Bristol“ herausgefunden haben. „Blüten, bei denen das elektrische Feld verändert war, wurden von den Hummeln seltener besucht. Es ist das erste bekannte Beispiel dafür, dass menschliche Aktivitäten den Elektro-Sinn eines an Land lebenden Tieres beeinträchtigen“, so der Bristoler Forscher Sam England.

    BAYER umgeht Export-Verbot

    Frankreich verbietet den Export von Pestiziden, die innerhalb der Europäischen Union wegen ihrer Risiken und Nebenwirkungen keine Zulassung (mehr) haben. BAYER & Co. können allerdings Ausnahme-Genehmigungen beantragen. Und das tun sie nicht zu knapp. 94 solcher Gesuche gingen bei den Behörden ein. Darum gelangten im Jahr 2022 von Frankreich aus noch 7.474 Tonnen inkriminierte Agro-Chemikalien nach Brasilien, Mexiko, Russland, Indien und in andere Länder, wie eine Recherche von PUBLIC EYE ergab. Darunter befanden sich mit Fenamidon, Imidacloprid und Clothianidin auch solche Wirkstoffe, die in Produkten des Leverkusener Multis enthalten sind. Zudem haben die Konzerne Wege gefunden, den Bann zu umgehen. Sie exportieren die Ackergifte in andere EU-Staaten und erst von dort aus in die große, weite Welt oder aber sie verlegen gleich die ganze Herstellung an andere Standorte. „Aus all diesen Gründen braucht es ein EU-weites Export-Verbot für verbotene Pestizide“, fordert PUBLIC EYE.

    Belgien plant Export-Verbot

    Frankreich verbietet die Ausfuhr von Pestiziden, die innerhalb der Europäischen Union wegen ihrer Risiken und Nebenwirkungen keine Zulassung (mehr) haben (s. o.) Auch die Schweiz unterbindet den Export bestimmter besonders gefährlicher Stoffe. Hierzulande ist eine solche Regelung in Planung. Und nun trifft Belgien ebenfalls entsprechende Vorbereitungen. Allerdings gibt es Widerstände aus dem Agrar-Ministerium.

    PFLANZEN & SAATEN

    BAYER investiert in ANDES

    Der BAYER-Konzern unterstützt das US-amerikanische Start-Up ANDES finanziell. 15 Millionen Dollar hat er in das Unternehmen investiert, das daran forscht, synthetischen Dünger durch andere Technologien zu ersetzen. ANDES behandelt etwa Saatgut mit Mikroben, wodurch die Pflanzen dann später Stickstoff aus der Luft aufnehmen können, so jedenfalls der Plan. Zudem experimentiert ANDES mit Mikroben-Stämmen zur Bindung von klimaschädlichem Kohlendioxid im Boden.

    GENE & KLONE

    Glyphosat-resistenter Wildraps

    In Kanada hat glyphosat-resistenter Raps von BAYER auf andere Pflanzen übergegriffen und damit zu einer großen Plage auf Feldern mit ebenfalls glyphosat-resistenten Kulturpflanzen geführt. Mancherorts nahmen die Wildpflanzen mehr als die Hälfte der Fläche ein. Es entstanden sowohl wilder Gen-Raps als auch Gen-Rübchen sowie Kreuzungen zwischen diesen beiden Gewächsen, wie ein ForscherInnen-Team um Martin Laforest feststellte. Diese neue Art hielten die WissenschaftlerInnen eigentlich für hybrid, also kaum vermehrungsfähig. Durch erneute Rückkreuzungen hat sich diese Eigenschaft allerdings ausgeschlichen. Damit nicht genug, verband sich der genmanipulierte Raps auch noch mit dem Ackerrettich. Laforest & Co. mahnten deshalb, bei der Einführung eines fremden Gens in eine Pflanze darauf zu achten, ob diese Ähnlichkeiten mit Wildpflanzen aufweist und Hybride herausbilden kann. „Die vorliegende Studie zeigt erneut die Komplexität und Unvorhersehbarkeit ökologischer Vorgänge“, resümiert die Initiative TESTBIOTECH.

    Indien genehmigt Gentech-Baumwolle

    Indien erlaubt es nicht, Saaten, Pflanzen oder Tiere zum geistigen Eigentum von Personen oder Unternehmen zu erklären. Deshalb sah sich die jetzige BAYER-Tochter MONSANTO dort in Sachen „Genpflanzen“ mit langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzungen über Patente und Lizenz-Gebühren konfrontiert. Als Konsequenz daraus erklärte die Gesellschaft Ende 2016, in dem Land keine neuen Laborfrüchte mehr zu vermarkten und zog den Zulassungsantrag für eine Baumwolle mit der Bezeichnung „Bollgard II ROUNDUP READY Flex“ zurück. Andere Agro-Riesen schlossen sich dem Boykott an. Im Frühjahr 2021 jedoch endete ein Rechtsstreit des Unternehmens, das seit 2018 zum Leverkusener Multi gehört, mit einer indischen Firma in gütlichem Einvernehmen. Darum holte BAYER den alten Antrag für die gegen Glyphosat resistente und mit zwei Giftstoffen des Bacillus thuringienis bestückte Baumwolle wieder aus der Schublade. Im Oktober 2022 erhielt das Unternehmen dann einen positiven Bescheid vom „Genetic Enginneering Appraisal Commitee“ (GEAC).

    Lizenz-Vertrag mit YIELD10

    Der BAYER-Konzern kooperiert bereits seit längerer Zeit mit dem Biotech-Unternehmen YIELD10. Der Leverkusener Multi hat mit der US-Firma einen Vertrag abgeschlossen, der ihm Zugriff auf eine Technologie zur Steigerung der Soja-Ernten verschafft. YIELD nutzt die neuen Genscheren-Verfahren, um an der Photosynthese zu schrauben und beispielsweise den Kohlenstoff-Kreislauf zu „optimieren“, was für einen besseren Ertrag sorgen soll.

    Kooperation mit RECODE THERAPEUTICS

    Der BAYER-Konzern setzt sowohl im Pharma- als auch im Agro-Bereich stark auf das „Gene Editing“, also zum Beispiel auf Gen-Scheren wie CRISPR-Cas9, die das Erbgut angeblich genau an einer vorgegebenen Stelle auftrennen können, um es dann „umzuschreiben“ oder neue, im Labor hergestellte DNA-Stränge einzufügen. Ein neues Kooperationsabkommen in Sachen „Gene Editing“ hat jetzt seine Genmedizin-Tochter ASKBIO mit RECODE THERAPEUTICS abgeschlossen. Die beiden Partner wollen an einer Technologie arbeiten, „die das vollständige Einfügen von Genen ermöglicht, indem sowohl das Gene-Editing-Tool als auch die DNA als gemischte Ladung (…) präzise zu den gewünschten Zielen transportiert werden“. Als mögliche Anwendungsbereiche nennt der Leverkusener Multi Leber- und Lungenkrankheiten.

    WASSER, BODEN & LUFT

    Treibhaus-Gase en masse

    Im Geschäftsjahr 2022 stieß der BAYER-Konzern 3,03 Millionen Tonnen Treibhaus-Gase aus. Gegenüber 2021 sank der Wert um gerade einmal 140.000 Tonnen. Und wiederum gehen diese Emissionen zu einem Gutteil auf das Konto von Glyphosat, weil der gesamte Fertigungsprozess an den US-Standorten Soda Springs und Luling sehr viel Energie verschlingt. Eine Betriebstemperatur von 1500° Celsius braucht etwa der Ofen in Soda Springs, um aus Phosphorit das Glyphosat-Vorprodukt Phosphor herauszulösen. Darum musste es auch im neuesten Nachhaltigkeitsbericht des Leverkusener Multi wieder heißen: „Besonders energie-intensiv ist unsere Rohstoff-Gewinnung einschließlich Aufbereitung und Weiterverarbeitung für die Herstellung von Pflanzenschutzmittel-Vorprodukten von Crop Science.“ Dies machte der Konzern auch als hauptsächliche Ursache für den höheren Gesamtenergie-Einsatz aus, der 2022 von 34.835 Terrajoule auf 35.472 Terrajoule zulegte. „Der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr ist überwiegend durch Produktionssteigerungen an den Standorten Soda Springs und Luling, USA, bedingt“, so der Leverkusener Multi.

    BAYERs Treibhaus-Gase

    Als klima-schädlicher Stoff steht zumeist das Kohlenstoffdioxid im Fokus, weil BAYER & Co. es in Massen emittieren. Die anderen Treibhaus-Gase sind jedoch auch nicht ohne. In der Summe richten fluorierte Kohlenwasserstoffe, Lachgas, Methan, Kohlenmonoxid und Ruß fast einen genauso großen Schaden an wie CO2, denn die Stoffe haben es in sich. So ist Methan 25-mal so wirksam wie CO2 und Lachgas sogar 125-mal. Und der Leverkusener Multi mischt auch auf diesem Feld kräftig mit. Er stieß im Geschäftsjahr 2022 39.000 Tonnen fluorierte Kohlenwasserstoffe, 7.000 Tonnen Lachgas, 3.000 Tonnen Methan und 2.620 Tonnen Kohlenmonoxid aus.

    Ein bisschen Emissionshandel

    „Ein wirtschaftliches Instrument, mit dem man Umweltziele erreichen will“ – so beschrieb die FAZ einmal den 2005 EU-weit eingeführten Handel mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten. Nach dessen Bestimmungen dürfen die Multis nur bis zu einer bestimmten Obergrenze Kohlendioxid ausstoßen, für darüber hinausgehende Kontingente müssen sie Verschmutzungsrechte hinzukaufen. Das sollte sie dazu animieren, sauberere Modelle der Energie-Versorgung zu etablieren. Die Lenkungswirkung hält sich dank des Extrem-Lobbyismus von BAYER & Co. aber arg in Grenzen. So bekamen die Konzerne jahrelang viel zu viele Zertifikate umsonst zugeteilt. Überdies fallen nur Kraft- und Heizwerke unter die Regelung, Fertigungsstätten bleiben indessen verschont. Darum braucht der Leverkusener Agro-Riese kaum Emssionshandel zu betreiben. Mit lediglich fünf Anlagen, deren Kohlendioxid-Ausstoß sich auf rund 290.000 Tonnen belief, war er im Geschäftsjahr 2022 dabei. Das sind noch nicht einmal zehn Prozent des CO2-Gesamtaufkommens.

    BAYER kauft Erneuerbare Energie

    BAYER erzeugt selbst Strom, erwirbt aber auch großen Mengen dazu. Beim zugekauften, dem sogenannten sekundären Energie-Einsatz, tut sich ein bisschen was, weil der Konzern hier vermehrt auf Erneuerbare setzt. Ihr Anteil betrug im Geschäftsjahr 2022 32,6 Prozent.

    CO2-Kompensation statt -Reduktion

    Eigentlich existiert nur ein Weg, um den Klimawandel einzudämmen: Reduktion des Stromverbrauchs und Umstieg auf erneuerbare Energie-Träger. BAYER & Co. ist aber noch etwas anderes eingefallen. Sie wollen ihre CO2-Emissionen nicht nur reduzieren, sondern auch kompensieren, also das, was sie so in die Luft blasen, an anderer Stelle wieder ausgleichen. Der Leverkusener Multi nimmt sich zwar vor, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden, die Senkung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase soll dazu aber nur zu 42 Prozent beitragen. Für den Rest greift er zu Maßnahmen wie z. B. Investitionen in Waldschutz- und Wiederaufforstungsvorhaben. Deren Ertrag für seine Klima-Bilanz gibt der Global Player für 2022 mit 450.000 Tonnen CO2 an. An der Belastbarkeit dieser Zahl bestehen allerdings erhebliche Zweifel. Der Agro-Riese hat für einen Teil seiner Kompensationsgeschäfte nämlich Zertifikate der Firma Verra erworben, die nach Recherchen von Die Zeit und anderen Medien gar nicht von wirklichen Kohlendioxid-Einsparungen gedeckt, sondern „[e]in Haufen Schrott“ waren.

    Mehr ODS in der Luft

    Für den Ausstoß von ozon-abbauenden Substanzen (ODS) ist bei BAYER seit Jahr und Tag hauptsächlich die alte Dreckschleuder im indischen Vapi zuständig. Der Konzern doktert zwar schon lange der Anlage herum und hat sogar Emissionsreduktionsmaßnahmen vorgenommen, aber so recht zu greifen scheint dies nicht. 2022 erhöhten sich die ODS-Emissionen gegenüber dem Vorjahr um 7,8 Prozent auf 4,2 Tonnen. „Eine Produktionssteigerung am Standort Vapi, Indien, führte zu einem vermehrten Einsatz von ODS als Rohstoff für die Produktion“, heißt es dazu im neuesten Nachhaltigkeitsbericht.

    Mehr VOC in der Luft

    2022 stieg die Freisetzung von flüchtigen organischen Substanzen (VOC) aus BAYER-Schornsteinen von 430 auf 460 Tonnen. Neben „Produktionssteigerungen an verschiedenen US-Standorten“ trug auch hierzu wieder der Standort Vapi so einiges bei.

    Mehr Staub in der Luft

    2022 erhöhte sich der Staub-Ausstoß des BAYER-Konzerns von 2.050 Tonnen auf 2.260 Tonnen. Als Grund führte der Agro-Riese „die Staub-Emissionen aus Saatgut-Prozessen an mehreren Standorten in Brasilien“ an.

    Mehr Schwefeloxide in der Luft

    2022 stieg der Ausstoß von Schwefeloxiden aus den Anlagen des BAYER-Konzerns von 1.280 Tonnen auf 1.290 Tonnen an.

    Weniger Stickoxide in der Luft

    2022 sanken die Emissionen von Stickoxiden aus Anlagen des BAYER-Konzerns gegenüber dem Vorjahr von 3.570 Tonnen auf 3.520 Tonnen.

    Enormer Wasserverbrauch

    BAYERs Wasser-Verbrauch ging im Geschäftsjahr 2022 kaum zurück. Er belief sich auf 53 Millionen Kubikmeter (2021: 55 Millionen Kubikmeter). 21,3 Millionen Kubikmeter davon entstammt dem Grundwasser. Zu allem Übel erstreckt sich der enorme Durst des Agro-Riesen auch noch auf Gebiete, die unter Wasser-Mangel leiden. Drei Millionen Kubikmeter fördert er in solchen Regionen.

    24 Millionen Kubikmeter Abwasser

    Im Jahr 2022 belief sich die Abwasser-Menge des BAYER-Konzerns auf 24 Millionen Kubikmeter (2021: 25 Millionen Kubikmeter).

    Höhere Phosphor-Werte

    Im Jahr 2022 produzierte BAYER mehr phosphor-haltige Abwässer als 2021. Von 510 Tonnen auf 610 Tonnen stieg der Wert.

    Höhere Schwermetall-Werte

    Im Jahr 2022 produzierte BAYER mehr schwermetall-haltige Abwässer als 2021. Von 3,2 Tonnen auf 3,5 Tonnen erhöhte sich die Menge.

    Mehr Anorganische Salze

    Im Jahr 2022 enthielten die Abwässer des BAYER-Konzerns mehr Anorganische Salze als 2021. Das Aufkommen stieg von 172.000 Tonnen auf 176.000 Tonnen.

    Weniger Stickstoff im Abwasser

    2022 enthielten die Abwässer des BAYER-Konzerns weniger Stickstoff als 2021. Die Menge reduzierte sich um 120 Tonnen auf 240 Tonnen.

    Weniger TOCs im Wasser

    Im Jahr 2022 fielen bei BAYER weniger gebundene organische Kohlenstoffe (TOCs) im Abwasser an als 2021. Von 1.280 Tonnen auf 1.110 Tonnen sank der Wert.

    Neue Wasser-Grenzwerte für Glyphosat?

    In ihrer neuen Wasserrahmen-Richtlinie will die Europäische Union auch neue Grenzwerte für Pestizide festlegen. Das „Scientific Committee on Health, Environment and Emerging Risks“ schlug dabei für Glyphosat in Süßwasser, das zur Trinkwasser-Gewinnung Verwendung findet, ein Limit von 0,1 Mikrogramm pro Liter vor. Damit zeigten sich BAYER & Co. gar nicht einverstanden. „Der nun vorgeschlagene Wert entbehrt nicht nur der notwendigen wissenschaftlichen Grundlage (…), sondern ignoriert auch die nachweislich hohe Entfernungseffizienz für Glyphosat bei der standardmäßigen europäischen Wasseraufbereitung“, hieß es in einer Stellungnahme der „Glyphosate Renewal Group“.

    Renaturierung der Wupper

    Der BAYER-Konzern nutzt die Wupper als Abfluss-Kanal und als Reservoir für Wasser, das er zur Kühlung und für andere Zwecke braucht. Derzeit versucht die Stadt Wuppertal gemeinsam mit dem Wupper-Verband, den ökologischen Zustand des Gewässers zu verbessern, was ihr nicht gerade leicht fällt. „Die Rahmenbedingungen sind schwer!“, bekundet die Kommune und nennt als Schwierigkeiten bei den Renaturierungsmaßnahmen unter anderem „Altlasten/Altablagerungen“. Trotzdem beteiligt sich der Agro-Riese nicht an den Kosten des Unterfangens.

    Mehr Abfall

    Im Geschäftsjahr 2022 produzierte BAYER mehr Abfall als 2021. Von 1,001 Millionen Tonnen auf 1, 038 Millionen Tonnen stieg das Aufkommen.

    Glyphosat bleibt im Boden
    Eine Studie der Universität Rostock sowie anderer Hochschulen und Forschungseinrichtungen ging der Frage nach, wie sich Glyphosat im Boden abbaut. Zu 97 Prozent tat es das schnell. Die WissenschaftlerInnen fanden auch nach einem Jahr noch Spuren des Herbizids sowie seines Abbauprodukts Aminomethylphosphon-Säure (AMP) im Oberboden. „Das deutet auf ein Akkumulationspotenzial von Glyphosat und eine erhöhte Persistenz des Abbauprodukts AMP hin“, konstatiert das Fachportal topagrar. Die Gefahr einer Auswaschung des Mittels in Gewässer schätzt das Medium trotzdem als gering ein. „Allerdings kann die Akkumulation im Boden das Risiko eines Eintrags in die Umwelt z. B. durch Erosion erhöhen“, gibt es zu bedenken.

    GIFTIG, ÄTZEND & EXPLOSIV

    Neue PCB-Studie bleibt aus

    Polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zu den giftigsten Hervorbringungen der Chlorchemie (SWB 1/14). Die vor allem von BAYER und MONSANTO in Umlauf gebrachten gefährlichen „Alleskönner“ kamen bis zu ihrem vollständigen Verbot 1989 in Elektrogeräten, Fugendichtungsmassen, Farben, Ölen, Lacken und Bodenbelägen zum Einsatz – und stellen immer noch ein beträchtliches Gesundheitsrisiko dar. Von den 1985 in der Bundesrepublik verkauften 72.000 Tonnen landete mehr als ein Sechstel im Bergbau, wo die schweren Gerätschaften viel Hydraulik-Öl brauchten. „Wir sind mit dem Zeug umgegangen, als wäre es Milch“, zitierte der Spiegel im Jahr 2015 einen Bergmann. Dementsprechend wies eine vom Bergbau-Konzern RAG schon in den 1990er Jahren initiierte Studie im Blut der Kumpel „signifikant erhöhte“ PCB-Konzentrationen nach, wie Dr. Thomas Kraus von der Aachener „Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule“ gegenüber den JournalistInnen des Nachrichtenmagazins ausführte. Und das hatte Folgen. Haut-, Leber- und Nierenerkrankungen stellten Kraus’ KollegInnen damals fest. Davon wollten jedoch Kraus und die RAG nichts mehr wissen. Sie führten im Jahr 2016 erneut eine Untersuchung durch. Wie zu erwarten war, hatten mehr als die Hälfte der 210 Kumpel auffällige PCB-Werte. Beim PCB 74 überschritten die gemessenen Rückstände diejenigen der sonstigen Bevölkerung um nicht weniger als das 20-Fache. Bei der Vorstellung der wissenschaftlichen Arbeit gab Thomas Kraus aber den Ahnungslosen. „Die Pilotstudie lässt auf eine länger zurückliegende erhöhte Belastung dieser Bergleute mit PCB schließen. Eine akute Gesundheitsgefährdung gemessen an heute gültigen Grenzwerten liegt nicht vor.“ Er und die RAG kündigten deshalb eine zweite Studie, diesmal mit mehreren Tausend TeilnehmerInnen, an, um zu klären, „[o]b ein Zusammenhang zwischen einer damaligen PCB-Belastung von Bergleuten und in der Folge eventuell auftretenden Erkrankungen besteht“. Dazu kam es allerdings nie, wie eine Gruppe von MedizinerInnen um Dr. Günther Bittel kritisiert. Die ÄrztInnen wandten sich an die RUHRKOHLE AG und fragten nach den Gründen, erhielten aber keine Antwort. Dabei beließen sie es allerdings nicht. Bittel & Co. machten sich selbst ans Werk und starteten eine Untersuchung zu den von PCB ausgehenden Gefahren (s. u.).

    Neue PCB-Studie

    Gesundheitsschädliche Polychlorierte Biphenyle (PCB) kamen bis zu ihrem Verbot unter anderem im Bergbau großflächig zum Einsatz – mit entsprechenden Folgen für die Bergleute (s. o.). Eine neue Studie mit 124 ehemaligen Kumpeln, durchgeführt von einem Team um den Duisburger Mediziner Günther Bittel, förderte jetzt alarmierende Befunde zutage. 47,6 Prozent der TeilnehmerInnen hatten Herz/Kreislaufprobleme, 20,2 Prozent Lungenleiden, 20 Prozent Depressionen, 14,2 Prozent neurologische Erkrankungen und 10,5 Prozent Krebs. Verglichen mit dem Bevölkerungsdurchschnitt sind dies deutlich höhere Zahlen. Als Konsequenz aus ihrer Untersuchung forderten die ÄrztInnen einen regelmäßigen umweltmedizinischen Gesundheitscheck der GrubenarbeiterInnen auf Kosten der RUHRKOHLE AG, eine Beweislast-Umkehr in den Anerkennungsverfahren für Berufskrankheiten sowie eine Reinigung des abgepumpten PCB-haltigen Grubenwassers auf höchstem technischen Niveau. Zudem dringen sie auf eine Methode der Grenzwert-Festlegung, die auch die im Bergbau viel verwendeten PCB-Arten 74 und 114 umfasst und sich bewusst ist, „dass es für kanzerogene Substanzen keinen unbedenklichen Bereich gibt“.

    UNFÄLLE & KATASTROPHEN

    Berkeley: Toter nach Brand

    Am 17. Januar 2023 brach in BAYERs US-amerikanischer Niederlassung Berkeley ein Feuer aus. Zwei Beschäftige einer Fremd-firma erlitten dabei schwere Verbrennungen, einer von ihnen starb wenige Wochen später an den Folgen. Der Brand entstand bei Reparaturarbeiten in einem Labor mit Bio-Reaktoren zur Fermentation. Zur Ursache konnte der Leverkusener Multi am Tag des Vorfalls noch keine Angaben machen.

    Brand im CURRENTA-Abfallbunker

    Nach der Explosion im Entsorgungszentrum des Leverkusener Chem„parks“, die im Juli 2021 sieben Beschäftigte das Leben kostete, gelobte die Betreiber-Gesellschaft CURRENTA Besserung. Aber allzu weit her ist es mit der Sicherheit immer noch nicht: Am 5. Januar 2023 brach in einem Abfallbunker ein Brand aus. Die Feuerwehr konnte ihn zum Glück rasch löschen. „Es wurde niemand verletzt“, vermeldete die CURRENTA. Auch sei es durch das Feuer zu keinerlei Beeinträchtigungen benachbarter Siedlungen gekommen, so ein Unternehmenssprecher.

    Stoff-Austritt in Muscatine

    Im September 2022 kam es am US-amerikanischen BAYER-Standort Muscatine zu einem Störfall. Aus einem Tank trat ein Methanol/Methylamin-Gemisch aus. Ursache der Freisetzung war eine defekte Dichtung.

    IMPERIUM & WELTMARKT

    Pestizid-Markt: BAYER die Nr. 2

    Im internationalen Pestizid-Geschäft ist BAYER nach einer Analyse der ETC GROUP auf Basis der Umsatz-Zahlen von 2020 mit einem Umsatz von 9,9 Milliarden Dollar die Nr. 2. CHEMCHINA als Nr. 1 setzte Mittel für 15 Milliarden ab. Die folgenden Plätze belegten die BASF und CORTEVA. Marktanteil der Top 4: 62,3 Prozent. Seit 2011 hat sich die Konzentration im Agrochemie-Segment damit nur unwesentlich weiter fortgesetzt. Damals kam das Spitzen-Quartett auf 62,1 Prozent.

    Saatgut-Markt: BAYER die Nr. 1

    Im weltweiten Geschäft mit Saatgut und Pflanzen-Eigenschaften nimmt BAYER der ETC-GROUP zufolge (s. o.) den ersten Platz ein. Mit Einnahmen von 10,3 Milliarden Dollar kam der Leverkusener Multi im Jahr 2020 auf einen Markt-Anteil von 23 Prozent. CORTEVA als Nr. 2 verbuchte 7,7 Milliarden. Insgesamt gingen 51 Prozent aller Umsätze in diesem Segment auf das Konto des Spitzen-Quartetts. Zum Vergleich: 2011 waren es 58,2 Prozent.

    Biologika-Kooperation mit KIMITEC

    Der BAYER-Konzern hat eine Forschungskooperation mit dem spanischen Unternehmen KIMITEC vereinbart, um sein Geschäft mit den nicht-chemischen Produkten gegen Schadinsekten und Wildkräuter sowie zur besseren Nährstoff-Versorgung von Pflanzen zu stärken. Er will deshalb jedoch seinen Agrogift-Schrank nicht gleich entsorgen – „best of both worlds“ lautet die Devise. „BAYER möchte Landwirten mit den Vorteilen biologischer Lösungen unterstützen und das als Teil eines integrierten Systems, das unsere führenden Pflanzen-Eigenschaften, Pflanzenschutz-Produkte und digitalen Lösungen miteinbezieht, so der Manager Dr. Robert Reiter. Branchen-KennerInnen rechnen bis 2028 mit einem Markt-Volumen für Biologika von bis zu 25 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das Markt-Volumen für Pestizide belief sich 2022 auf 94,7 Milliarden Euro.

    RECHT& UNBILLIG

    Freispruch in Sachen „IBEROGAST“

    Im Jahr 2018 starb eine Frau, die BAYERs Magenmittel IBEROGAST eingenommen hatte. Sie hatte ihre Leber mit dem Schöllkraut-Extrakt so ruiniert, dass die ÄrztInnen eine Organ-Transplantation durchführen mussten, die nicht reibungslos verlief und der Patientin das Leben kostete. Da der Leverkusener Multi sich jahrelang weigerte, vor den die Leber schädigenden Effekten seines Pharmazeutikums zu warnen, nahm die Kölner Staatsanwaltschaft 2019 Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen zwei ehemalige Konzern-Beschäftigte auf. Auf Anfrage des Portals MedWatch teilte diese jetzt mit, die Causa ad acta gelegt zu haben. RechtsmedizinerInnen der Universität Köln konnten keinen Kausalzusammenhang zwischen dem Schlucken des Präparats und dem Todesfall feststellen, so die Justizbehörde. Zudem fanden sich ihr zufolge keine hinreichenden Beweise für eine Sorgfaltspflicht-Verletzung. „[W]enig nachvollziehbar“ nennt MedWatch diese Begründung und verweist auf die schon lang bekannte Nebenwirkung „Leberschaden“ sowie BAYERs Umgang mit diesem unerwünschten Arznei-Effekt. Bereits seit den 1990er Jahren nämlich warnen MedizinerInnen vor Gefahren für die Leber durch Schöllkraut-Präparate wie IBEROGAST. Im Jahr 2005 zogen die Behörden deshalb höher dosierte Produkte aus dem Verkehr und ordneten für die niedriger dosierten Warnhinweise an. Der damalige IBEROGAST-Lizenzinhaber STEIGERWALD legte beim „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ (BfArM) jedoch Widerspruch gegen die Entscheidung ein, den der Leverkusener Multi aufrechterhielt, als er STEIGERWALD 2013 aufkaufte. 2017 wies das BfArM den Einspruch gegen die verfügte Änderung der Packungsbeilage dann ab. Aber der Global Player gab sich noch immer nicht geschlagen. Er reichte vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage gegen den Bescheid ein, die eine aufschiebende Wirkung hatte. Erst der Tod der Leber-Patientin im Sommer 2018 änderte die Sachlage. Da sah das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“ dringenden Handlungsbedarf und drohte dem Pillen-Riesen mit dem „Sofort-Vollzug“ der Beipackzettel-Änderung. Und erst jetzt fügte sich der Global Player zähneknirschend. „Nach Aufforderung setzt BAYER VITAL die geforderten Hinweise in der Fach- und Gebrauchsinformation von IBEROGAST um“, verlautete aus der Konzern-Zentrale. Die Nachbemerkung „Wir stehen unverändert zu einem positiven Nutzen/Risiko-Verhältnis von IBEROGAST in den zugelassenen Indikationen“ durfte dabei natürlich nicht fehlen.

    Juristische Glyphosat-Winkelzüge

    Der BAYER-Konzern scheut in Sachen „Glyphosat“ auch nicht vor den abstrusesten juristischen Winkelzügen zurück. So gab er einen schon gewonnenen Entschädigungsprozess im Nachhinein verloren und zahlte dem Kläger John Carson 100.000 Dollar, damit dieser in Berufung geht und der juristischen Auseinandersetzung so den weiteren Weg durch die Instanzen eröffnet. Hier spekuliert der Global Player dann auf einen Sieg, der ihn dazu berechtigen würde, den Supreme Court anzurufen. Einmal hatte er das schon getan, jedoch ohne Erfolg. Das Gericht lehnte es ab, sich mit dem Fall „Hardeman“ zu befassen und folgte damit einer Empfehlung der US-Generalstaatsanwältin Elisabeth Prelogar. Diese hatte die Argumentation des Leverkusener Multis, wonach es sich bei der Causa um eine Bundesangelegenheit handle, nicht gelten lassen. Auch wenn die zentrale Umweltbehörde EPA das Mittel der BAYER-Tochter MONSANTO zugelassen und Krebs-Warnungen auf den Produkten verboten habe, könne ein kalifornisches Gericht sehr wohl anderer Meinung sein und BAYER wg. unterlassener Gefahren-Hinweise zu Entschädigungszahlungen verurteilen, so Prelogar. Im Fall „Carson v. MONSANTO Co.“ verfolgt der Konzern jetzt eine andere Strategie. Er spekuliert darauf, in letzter Instanz ein Urteil in seinem Sinne zu erwirken, das anderen in der Glyphosat-Sache ergangenen widerspricht, um den Supreme Court zu einem Machtwort zu bewegen. Im Juli 2022 scheiterte der Agro-Riese mit diesem Ansinnen allerdings: Der „11th U.S. Circuit Court of Appeals“ sprach Carson Recht zu. Der Global Player legte umgehend Rechtsmittel ein und erzielte einen Erfolg. Im Dezember 2022 entschied ein Berufungsgericht im Sinne des Global Players und ordnete eine Überprüfung der Entscheidung des Court of Appeals an. „Eine der wichtigsten Entwicklungen in der 7-jährigen Geschichte dieses Rechtsstreits“ nannte BAYERs oberster Prozess-Beauftragter Bill Dodero dieses Votum.

    Glyphosat-Prozess: BAYER siegt

    Am 21. Oktober 2022 begann vor dem „St. Louis County Circuit Court“ ein Entschädigungsprozess in Sachen „Glyphosat“. Stacey Moore machte das Herbizid für ihre Lymphdrüsenkrebs-Erkrankung – das Non-Hodgkin-Lymphom – verantwortlich, aber die RichterInnen wiesen ihre Klage am 13. November ab.

    Vergleich in Sachen QUIKPRO

    Das BAYER-Herbizid QUIKPRO enthält Glyphosat in einer höheren Konzentration als ROUNDUP. Der Landschaftsgärtner Nathan Evans macht dieses Mittel für sein Non-Hodgkin-Lymphom – eine spezielle Art des Lymphdrüsen-Krebses – verantwortlich und reichte eine Klage ein. Das Verfahren endete mit einem Vergleich. Über die Höhe der vom Leverkusener Multi an Evans gezahlten Summe haben die Prozess-Parteien Stillschweigen vereinbart.

    Klage wg. Entschädigungsausschluss

    Bisher zahlte der BAYER-Konzern im Rahmen von Glyphosat-Vergleichen lediglich US-AmerikanerInnen Entschädigungen. Dagegen lehnt sich die Mexikanerin Elvira Reyes-Hernandez auf. Sie war während ihrer Arbeit auf Baum-Plantagen in den USA permanent Glyphosat ausgesetzt, was nicht ohne Folgen blieb. „Non-Hodgkin-Lymphom“ (s. o.) lautete die Diagnose der ÄrztInnen. Jetzt wirft sie dem Leverkusener Multi und den RechtsanwältInnen-Büros vor, sie von den Vereinbarungen ausgeschlossen zu haben und reichte eine entsprechende Klage ein. Dabei erhält die 47-Jährige Unterstützung von der größten VerbraucherInnenschutz-Organisation der Vereinigten Staaten: PUBLIC CITIZEN, 1971 von Ralph Nader gegründet. Die Gruppe MIGRANT JUSTICE hatte das Fehlen einer Regelung für ArbeitsmigrantInnen bereits unmittelbar nach BAYERs Präsentation der „Vorschläge zur Güte“ kritisiert. Und dieses Manko zählte auch zu den Gründen, warum Vince Chhabria als zuständiger Richter für das Mediationsverfahren vom Global Player Nachbesserungen angemahnt hatte. Dieser Aufforderung kam der Agro-Riese allerdings nicht nach – er ließ die Verhandlungen im Jahr 2021 platzen.

    Gericht untersagt Phosphorit-Abbau

    Die Gewinnung des Glyphosat-Vorprodukts Phosphorit aus den Tagebau-Minen rund um den US-amerikanischen BAYER-Standort Soda Springs belastet Mensch, Tier und Umwelt enorm (siehe auch SWB 1/23). Unter anderem gelangen dabei Schwermetalle und radioaktive Stoffe wie Uran, Radom, Radium und Selen ins Freie. Darum haben das CENTER FOR BIOLOGICAL DIVERSITY (CBD) und andere Verbände die Genehmigung zur Inbetriebnahme einer neuen Mine, die das „Bureau of Land Management“ dem Leverkusener Multi im Jahr 2019 erteilte, angefochten. Und im Januar 2023 gab ein US-Gericht ihrer Klage gegen die Behörde und den Agro-Riesen als „Streithelfer“ statt. Der „U.S. District Court for the District of Idaho“ bescheinigte dem „Bureau of Land Management“, bei seiner Entscheidung die weiteren Konsequenzen der Phosphorit-Förderung wie die damit über Jahrzehnte fortgeschriebene umweltschädliche Weiterverarbeitung in Soda Springs und die Gefährdung von Beifußhuhn-Populationen nicht beachtet zu haben. Als eindeutige Verstöße gegen den „National Environmental Policy Act“ wertete der Court diese Versäumnisse. „Dieses Urteil ist ein entscheidender Sieg für das Beifußhuhn und alle Menschen und Wildtiere, die auf dieses empfindliche, unersetzliche Ökosystem angewiesen sind“, freute sich Center-Aktivistin Hannah Connor. Erst Anfang März 2021 musste der Global Player für Schäden, welche die Phosphorit-Förderung aus der – inzwischen stillgelegten – Ballard-Mine in den 1950er und 1960er Jahre verursachte, teuer bezahlen (siehe Ticker 2/21). Der Prozess, den die US-amerikanische Umweltbehörde EPA, der Bundesstaat Idaho und eine im Umfeld der Mine lebende Gruppe von Indigenen angestrengt hatten, endete mit einem Vergleich, der den Konzern fast 2,5 Millionen Dollar kostete. Ähnliche Verfahren gab es in den Jahren 2011 und 2015.

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