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Gentechnik

22. April 2008

Gentechnik-Filz in Mecklenburg-Vorpommern

Umweltinstitut München deckt Verflechtungen in der Agro-Gentechnik auf

In Mecklenburg-Vorpommern existieren im Bereich der Agro-Gentechnik enge Verflechtungen zwischen öffentlich finanzierter Forschung, Lobbygruppen und kommerziellen Unternehmen. Das ist das Ergebnis einer Analyse, die das Umweltinstitut München veröffentlicht hat. Das Institut untersucht darin unter anderem die Rolle von Prof. Inge Broer von der Universität Rostock.
Broer ist neben ihrer Tätigkeit als Hochschullehrerin Vorsitzende des Gentechnik-Lobbyvereins FINAB und Gesellschafterin von biovativ, dem kommerziellen Tochterunternehmen von FINAB. Nach Recherchen des Umweltinstituts München wurden im Rahmen steuerfinanzierter Freilandexperimente mit genmanipulierten Pflanzen Aufträge von der Universität Rostock an biovativ vergeben.
Broer ist zudem Mitglied eines Gremiums beim Bundesinstitut für Risikobewertung, das über die Genehmigung von Freilandversuchen in Deutschland entscheidet. Auch in der EFSA, einer EU-Behörde, die die Sicherheit von transgenen Pflanzen bewerten soll, tritt die Wissenschaftlerin als Expertin auf. Gemeinsam mit dem Chemie- und Gentechnikkonzern Bayer hat Broer außerdem zahlreiche Genpflanzen-Patente angemeldet.
Eine unabhängige und vertrauenswürdige Forschung im Bereich Agro-Gentechnik scheint in Mecklenburg-Vorpommern damit völlig ausgeschlossen. Harald Nestler, Vorstand beim Umweltinstitut München, fordert Konsequenzen: "Gerade bei diesem sensiblen Thema müssen Vetternwirtschaft und die Verwendung von Steuergeldern für die Interessen der eigenen Firma sofort unterbunden werden. Die Bundesregierung muss endlich einen kritischen Blick auf die Förderung der Agro-Gentechnik werfen und überprüfen, in welche Hände öffentliche Gelder gelangen."
Dass Gen-Experimente und öffentliche Forschungsgelder auch dazu dienen, befreundete Lobbyisten zu versorgen, zeigt aktuell ein von Broer beantragter Freisetzungsversuch mit genmanipuliertem Weizen. Der Versuchsstandort auf dem Gut der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz in Üplingen (Sachsen-Anhalt) soll in einen "Gentechnik-Schaugarten" eingegliedert werden. Dieser Schaugarten soll die Akzeptanz für genmanipulierte Pflanzen in der Bevölkerung verbessern. Den Versuch will das Unternehmen Biotech Farm durchführen. Geschäftsführerin von Biotech Farm ist Kerstin Schmidt, die Schatzmeisterin von FINAB und Geschäftsführerin von biovativ.
Andreas Bauer, Gentechnikexperte beim Umweltinstitut München: "Die wissenschaftlichen Gründe für den Genweizen-Anbau in Üplingen sind ganz offensichtlich vorgeschoben. Er soll vielmehr allein Profit- und PR-Interessen nützen. Das ist pure Lobbyforschung."